Klimaschutzgesetz missachtet – Autobahnplanung muss gestoppt werden
NABU Hamburg reicht Stellungnahme zu A26 Ost ein // Forderung nach Klima-Check und bundesweitem Fernstraßen-Moratorium
Hamburg, 28.03.2022 - Der NABU Hamburg hat heute gemeinsam mit dem BUND Hamburg über die Hamburger Anwaltskanzlei MohrPartner fristgerecht eine Stellungnahme im Planänderungsverfahren der A26 Ost eingereicht. Die fast 100 Seiten umfassende Stellungnahme listet erneut sämtliche Verfehlungen in der Autobahnplanung für den Abschnitt 6a bei Moorburg auf, die auch durch die Planänderungen nicht beseitigt werden konnten. Angesichts der veränderten Rechtsprechung zum Klimaschutz durch das Bundesverfassungsgericht erhält der Aspekt baubedingter CO2-Emissionen bei diesem extrem betonintensiven Projekt eine zentrale argumentative Bedeutung. Besonders verheerend ist nach Auffassung des NABU, dass genau diese baubedingten CO2-Emissionen nicht bilanziert wurden, obwohl durch den Vorhabenträger fälschlicherweise behauptet wird, dass dies geschehen sei. Im Angesicht der Klimakatastrophe fordert der NABU eine Pause für den Autobahnbau.
„In der Antarktis wurden vergangene Woche Temperaturen gemessen, die mehr als 30 Grad Celsius über den Normalwerten liegen und wir müssen hier ernsthaft darüber diskutieren, ob in Hamburg noch eine massiv CO2-intensive Autobahn gebaut werden sollen. Jedes Gramm CO2 heizt die Klimakatastrophe weiter an. Statt rücksichtslos immer mehr zu bauen, müssen wir endlich sparen. Dass angesichts der neuen Rechtslage die erheblichen baubedingten Emissionen in den Planungsunterlagen unterschlagen werden, schlägt dem Fass den Boden aus. Aus Verantwortung gegenüber kommenden Generationen muss sich der Hamburger Senat gegenüber dem Bund dafür stark machen, diesem klimaschädlichen Projekt endlich ein Ende zu setzen“, fordert Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg. Mit der machbaren und kostengünstigeren Ertüchtigung des Veddeler Damms inklusive des ohnehin geplanten Neubaus der Köhlbrandquerung gibt es eine vernünftige Alternative in unmittelbarer Entfernung.
Insbesondere Straßenbau-Emissionen können – anders als bei neuer Schieneninfrastruktur – durch den späteren Betrieb niemals zurückgezahlt werden: Straßenbau geht immer mit einer netto Erhöhung der absoluten Emissionen einher. Wenn wir die Klimakatastrophe wirklich ernst nehmen, dann müssen daher natürlich nicht nur in Hamburg die Straßenbauplanungen ruhen, sondern in ganz Deutschland.
„Am Bau neuer Autobahnen festzuhalten, zeugt vom Unvermögen der Verantwortlichen, angemessen auf die Klimakrise zu reagieren. Die gesamte Verkehrsinfrastrukturplanung in Deutschland muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden, statt jetzt noch stur die Planungen vergangener Jahrzehnte abzuarbeiten. Der Bundesverkehrswegplan muss deshalb schnellstmöglich durch einen zeitgemäßen Ansatz ersetzt werden. Wir brauchen ein verkehrsträgerübergreifendes Wegenetz, das im Einklang mit den Zielen des Klima-, Arten- und Naturschutzes sowie der Flächenverbrauchsziele steht. Bundesverkehrsminister Wissing ist aufgerufen, die im Koalitionsvertrag verankerte Entwicklung eines Bundesmobilitätsplans 2040 als ein Kernprojekt seiner Amtszeit voranzutreiben“, sagt Daniel Rieger, Leiter Verkehrspolitik beim NABU Bundesverband.
Bis ein solcher Gesamtplan steht, dürfen auf keinen Fall weiter Tatsachen geschaffen werden. Im ersten Schritt braucht es daher ab sofort ein bundesweites Moratorium für den Fernstraßenbau. Alle Einzelprojekte müssen nach dem Vorbild Österreichs einem Klima-Check unterzogen werden und angesichts von knappen Kassen und fehlenden Planungskapazitäten brauchen wir eine klare Priorisierung der Vorhaben, die uns den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität ermöglichen. „Neue Straßenbauprojekte werden in den seltensten Fällen dazu gehören“, so Rieger.
Korrektur:
In der Pressemeldung vom 28.03.2022 haben NABU und BUND mitgeteilt, dass die baubedingten Emissionen der A26 Ost in den Planänderungsunterlagen fälschlicherweise nicht bilanziert worden seien. Diese Annahme basierte auf einem Interpretationsfehler der zugrunde gelegten Gutachten und lässt sich nach einer erneuten Überprüfung nicht weiter aufrechterhalten. Nichtsdestotrotz bleibt eine grundlegende Kritik der Umweltverbände an der zugrunde gelegten Methodik sowie der Aufbereitung in den Planunterlagen weiterhin bestehen.
Im Erläuterungsbericht der Planänderungsunterlagen wird konsequent davon gesprochen, dass die zur Rechnung verwendeten Treibhausgasemissionen sowohl den Bau als auch deren Betrieb/Unterhaltung abdecken. Als Quelle des Berechnungsansatzes wird das Methodenhandbuch zum Bundesverkehrswegeplan 2030 angeführt. Im Methodenhandbuch selbst heißt es auf Seite 160: „Die mit der Berechnungsvorschrift ermittelten Lebenszyklusemissionen von Treibhausgasen (THG) beinhalten die mit den Ersatzinvestitionen, den Restinvestitionen, der Streckenunterhaltung und dem Betrieb der zu bewertenden Verkehrsprojekte verbundenen THG-Emissionen.“ – von einmalig anfallenden baubedingten Emissionen ist hier direkt nicht die Rede. Die nachfolgende Tabelle ist jedoch mit einer Fußnote versehen, die auf eine Veröffentlichung des Öko-Instituts verweist. Dieser ist wiederum zu entnehmen, dass die zur Berechnung verwendeten Werte auch die Emissionen, die beim Bau entstehen, mit einbezieht.
Die Bilanzierung ist alles andere als trivial und eingängig. Essentielle Informationen dürfen nicht in einer Fußnote versteckt bleiben. Allein die Information, die zur Aufklärung dieser Fehlinterpretation benötigt wird, versteckt sich in drei verschiedenen Dokumenten (Erläuterungsbericht, Methodenhandbuch, Studie Öko-Institut) mit insgesamt fast 1000 Seiten.
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