Gefundene Wildtiere
Jungtiere benötigen keine Pflege durch Menschen
Mit ihren meist überproportional großen runden Köpfen und Augen entsprechen junge Säugetiere und auch viele Jungvögel dem perfekten Kindchenschema, welches in uns den Pflege- und Beschützertrieb auslöst. Diese grundsätzlich positive Eigenschaft wird so manchem Tier zum Verhängnis, denn zumeist handelt es sich bei den Jungtieren (ob Säugetier oder Vogel) nicht um Waisen.
Jungvögel am Boden sind nicht in Not
Junge Amseln etwa verlassen das Nest, bevor sie richtig fliegen können, verteilen sich im Garten und verringern so das Risiko, dass eine Katze oder ein anderer Beutegreifer die gesamte Brut auf einmal erwischt. Die Jungvögel stehen mit ihren Eltern in ständigem Rufkontakt – in unseren Ohren ein hilflos klingendes, durchdringendes Piepsen. Die Elterntiere wissen so stets genau, wo ihr Nachwuchs sitzt, und füttern ihn regelmäßig. Lassen Sie die kleinen Federbällchen also bitte in Ruhe. Nur wenn unmittelbare Gefahr droht oder der Jungvogel auf einem belebten Bürgersteig oder einer Straße landet, setzen sie ihn behutsam an einen geschützten, möglichst erhöhten Platz in der Nähe. Das gilt auch für junge Waldkäuze und Waldohreulen, erkennbar an ihrem weißen oder grauen Dunenkleid, dem Hakenschnabel und kräftigen, spitzen Krallen. Fallen sie bei ihren Ausflügen im Geäst mal zu Boden, klettern sie meist geschickt mit Hilfe ihrer scharfen Krallen und ihres Schnabels wieder den nächsten Baum hoch. Sie werden nur nachts gefüttert. Setzen Sie sie falls nötig auf einen Ast in der Nähe.
Jungvögel kann man mit bloßen Händen anfassen, denn anders als bei Rehen oder Hasen stören sich die Elterntiere nicht am menschlichen Geruch. Für den Fall, dass Kinder aus falsch verstandener Tierliebe einen Jungvogel mit nach Hause bringen, kann man ihn auch noch Stunden später wieder an den Fundort zurückbringen. Die potenzielle Gefahr durch Katzen ist kein Grund, einen gesunden Jungvogel vorsorglich mit nach Hause zu nehmen, das verbietet auch das Naturschutzgesetz. Nur wenn ein Jungvogel erkennbar krank oder verletzt ist oder auch nach Stunden intensiver Beobachtung nicht gefüttert wird, benötigt er Hilfe. Noch nackte Jungvögel, die man am Boden findet, setzt man ins Nest zurück, wenn man es denn findet. Häufig wurden sie von den eigenen Eltern aus dem Nest geworfen, weil sie krank oder schwach waren. Auch wenn es hart klingt: Die Natur hat solche Verluste einkalkuliert. Nur in absoluten Ausnahmefällen, wie z.B. bei Zerstörung von Brutplätzen durch Unwetter oder Baumaßnahmen sollte man tatsächlich eingreifen.
Hände weg von jungen Wildtieren
Die Küken von Hühnervögeln, Enten, Gänsen, Schwänen, Watvögeln und Rallen sind Nestflüchter, die von ihren Eltern oder einem Elternteil geführt werden. Irrt ein solches Küken über längere Zeit allein umher, ist es tatsächlich verlassen und braucht Hilfe. Es nützt nichts, beispielsweise ein verwaistes Entenküken einer anderen führenden Entenmutter unterschieben zu wollen, sie wird es vertreiben oder sogar versuchen, es zu töten. Gefiederte Findelkinder bringt man am besten nach vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme unverzüglich zu einer entsprechenden Pflegestation oder sonstigen fachkundigen Personen. Denn die Aufzucht besonders von Singvögeln, Greifen und Eulen erfordert sehr viel Erfahrung, einen hohen Zeitaufwand sowie artgerechte Nahrung. Nestjunge Meisen etwa müssen alle 20 Minuten gefüttert werden. Unsachgemäße Pflege und falsches Futter führen oft zu Krankheiten, Wachstumsstörungen oder gar zum Tode der Pfleglinge. Sie müssen außerdem systematisch an ein selbstständiges Leben in Freiheit gewöhnt werden, anderenfalls haben sie in der Natur keine Überlebenschance. Jungvögel von Arten, die dem Jagdrecht unterliegen, wie Greifvögel, Wildenten oder Fasanen, sind dem zuständigen Jagdpächter zu melden. Das gilt natürlich auch für Rehkitze oder Junghasen. Nur der jeweilige Jagdausübungsberechtigte darf sich solche Wildtiere aneignen. Die Muttertiere legen ihren Nachwuchs versteckt ab und suchen ihn in den ersten Wochen nur kurz zum Säugen auf, häufig nachts, um nicht durch ihre Anwesenheit Feinde auf die Kleinen aufmerksam zu machen. Das Überleben vieler Jungtiere wird dadurch gesichert, dass sie sich unauffällig verhalten und sich bei Gefahr reglos an den Boden drücken. So entsteht bei vielen Menschen, die zufällig ein Rehkitz, ein Hirschkalb oder einen Junghasen entdecken, der falsche Eindruck, das Tier sei zahm oder schwach und krank. Daher gilt grundsätzlich: Hände weg von den jungen Wilden! Niemals darf man ein solches Tier anfassen, der menschliche Geruch schreckt die Mütter ab. Falls ein Jungtier von einem gefährdeten Ort umgesetzt werden muss, sollte man Handschuhe anziehen und es anschließend vorsichtig mit einem Grasbüschel oder Laub abreiben, um den menschlichen Geruch zu verwischen.
Pflege von Wildtieren ist aufwendig
Ein Rehkitz im Garten oder ein kleiner Mümmelmann im Wohnzimmer, aufgegriffen von wohlmeinenden Menschen, ist nicht nur ein Verstoß gegen das Jagdrecht, sondern stellt unerfahrene – und mitunter selbst erfahrene – Pfleger vor große Probleme. Ähnlich wie bei Vögeln führt falsche Ernährung bei jungen Säugetieren häufig zu bleibenden Schäden. Aufgegriffene Wildtiere haben unter solchen Umständen nur geringe Überlebenschancen! Genauso lebenswichtig wie die Ernährung ist auch der Aspekt der Haltung. Eine Prägung auf den Menschen muss ausgeschlossen werden, will man das Tier wieder aussetzen. Doch dies bereitet oft große Schwierigkeiten, da durch eine Prägung oftmals eine reibungslose Aufzucht erst möglich ist. Eine Vergesellschaftung mit Artgenossen ist hierbei jedoch ebenso möglich wie praktisch und die sogenannten Waisenkinder wachsen mit Artgenossen auf. „Einzelkinder“ bleiben dagegen oftmals für die Dauer ihres Lebens nicht wildbahntauglich und müssen den Rest ihres Lebens in Gehegen verbringen – sicherlich nicht Sinn und Zweck einer mühsamen, arbeitsreichen Aufzucht. Zudem kann alles menschliche Engagement niemals die Fürsorge der natürlichen Eltern ersetzen, eine Handaufzucht von Jungtieren kann und darf also immer nur eine Notlösung sein. uw
Wohin mit verletzten oder verwaisten Wildtieren?
Vögel und andere Wildtiere:
Tierheim des Hamburger Tierschutzvereins, Süderstraße 399, 20537 Hamburg
oder
24-Stunden-Tierrettungsdienst: 040 / 222 277, kontakt@hamburger-tierschutzverein.de
Fundtierannahme: täglich 0 bis 24 Uhr.
Wasservögel:
„Schwanenvater“ Olaf Nieß, Tel.: 040 /42804-2495
Eulen und Greifvögel:
Peter Grell, Tel.: 040 / 607 17 01, Thilo Henckell, Tel.: 040 / 607 23 18
Fledermäuse:
Fledermaus-Nottelefon: 0700-35333762 (Hauptzeit: 0,12€/Min., Nebenzeit: 0,06€/Min.)
E-Mail: fledermausschutz@NABU-Hamburg.de
Eichhörnchen:
ESA e.V., Nottelefon 0700 / 46 37 62 436
www.eichhoernchen-schutz.de
Igel:
Komitee für Igelschutz e.V., Flaßheide 42, 22525 Hamburg
Tel.: 040 / 540 48 07, Fax: 040 / 520 14 802, Email: Igelverein-Hamburg@t-online.de, www.igelkomitee-hamburg.de
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