Die Seegeniederung muss erhalten bleiben – kein Sperr- und Schöpfwerk!
Naturnahen Hochwasserschutz durchsetzen
Eindeichungen und Gewässerausbau haben dazu geführt, dass von den ursprünglich 1,5 Mio. Hektar Auen in Deutschland nur noch ein Drittel für die Aufnahme von Hochwasser zur Verfügung stehen. Davon sind wiederum lediglich 10 Prozent in einem naturnahen Zustand. An den großen Strömen des Landes, wie auch an der Elbe, sind heute teilweise sogar bis zu 90 Prozent der natürlichen Auenflächen durch Deiche vom Fluss abgeschnitten. Begradigungen der Flussläufe und der verminderte Wasserrückhalt in der Fläche haben die Hochwasserwellen beschleunigt und das Schadensrisiko weiter erhöht. Allein die in Lüchow-Dannenberg gelegene Seege und ihre Auen unterliegen in Niedersachsen noch uneingeschränkt dem direkten Hochwasserzugang der Elbe mit Überschwemmungen im zeitigen Frühjahr sowie unregelmäßig auch im Frühsommer.
„Eine große Vielfalt seltener Tier- und Pflanzenarten sowie gefährdeter Lebensgemeinschaften ist auf diese naturnahe Dynamik angewiesen und findet deswegen hier in der Seegeniederung einen europaweit sehr bedeutenden Lebensraum“, erklärt Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen. Für etliche in Niedersachsen andernorts als verschollen geltende, in der Seegeniederung aber noch vorkommende Arten der Zwergbinsen-Gesellschaft sind in jährlich unregelmäßigen Abständen wiederkehrende Hochwasserereignisse essenziell, um den im Boden liegenden keimfähigen Samenvorrat zu reaktivieren.
Durch den Bau eines Sperr- und Schöpfwerks würden Retentionsflächen verloren gehen, wodurch das Problem hoher Pegelstände noch verstärkt und dadurch flussabwärts verlagert werden würde. „Notwendig ist daher eine Ergänzung um Maßnahmen des naturnahen Hochwasserschutzes, um den Flüssen wieder mehr Raum zu geben und zusätzliche Retentionsräume zu schaffen“, fordert Dr. Buschmann.
Eine vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) angefertigte Machbarkeitsstudie hat nunmehr ergeben, dass die Höhen der Seegedeiche streckenweise nicht mehr den Erfordernissen des Hochwasserschutzes (aktuelles Bemessungshochwasser) entsprechen. Es werden zwei alternative Möglichkeiten zur Behebung dieses Problems vorgeschlagen, von denen die eine die Erhöhung der Deiche, die andere den Neubau eines 1,8km langen Sperrdeiches im Mündungsbereich der Seege in die Elbe in Kombination mit einem Sperr- und Schöpfwerk vorsieht.
„Wir begrüßen aus Hochwasser- und Naturschutzgründen, dass der NLWKN die Deicherhöhung und damit den Erhalt des Retentionsraumes und der einzigartigen Flora und Fauna favorisiert. Der NABU kann und wird auch als Eigentümer von für den Naturschutz mit Eigen- und Spendenmitteln erworbener Flächen in der Seegeniederung die negativen ökologischen Auswirkungen durch ein Sperr- und Schöpfwerk nicht einspruchslos hinnehmen“, so Rolf Bonkwald, Sprecher der NABU-Arbeitsgemeinschaft für den Naturschutz in der Elbtalaue.
Hintergrund: Wie bei allen größeren Flüssen in Deutschland wurde auch der Elbe Überschwemmungsraum in beträchtlichem Ausmaß genommen. So sind an der mittleren Elbe zwischen Torgau (Sachsen) und Geesthacht (Schleswig-Holstein) über 80 % des ehemaligen Überschwemmungsgebietes als Retentionsflächen verloren gegangen. Ein nicht unerheblicher Teil des Verlustes geht auf die Abriegelung aller Nebenflüsse wie Havel, Karthane, Stepenitz, Löcknitz, Sude, Aland und Jeetzel durch Sperrwerke zurück. Das Hochwasser wird dadurch nahezu vollständig im Hauptstrom zusammengedrängt, was ein wesentlicher Faktor der Erhöhung der Hochwasserscheitel ist.
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