Fragen & Antworten zur Volksinitiative
Bauflächen entstehen auch, wenn man sich nicht um sie kümmert.
Freiflächen verschwinden, wenn man sich nicht um sie kümmert.Fritz Schumacher, Hamburgs bedeutendster Stadtplaner
Was wurde für die Natur in Hamburg erreicht?
Natur bleibt erhalten und wertvolle Naturflächen sind jetzt besser geschützt. Konkret heißt das: Die Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete und Biotopverbundsflächen sowie die Grün- und Erholungsanlagen dürfen in ihrer Fläche nicht mehr kleiner werden. Für die Größe der Flächen wurden in den Verhandlungsergebnissen Grenzen definiert, die nicht mehr unterschritten werden dürfen.
Natur wird aufgewertet. Der Naturwert Hamburgs, also die gemessene Naturqualität, bleibt erhalten und zu Teilen wird diese auch steigen. Für die Naturschutzgebiete wurden für die nächsten 10 Jahre Ziele festgelegt. Zurzeit (April 2019) haben diese in Hamburg einen durchschnittlichen Wert von 6,38 in der Biotopkartierung. Dieser Wert soll um 0,5 steigen und bietet ein Potential, das realistisch umgesetzt werden kann. Außerhalb der Naturschutzgebiete wird der Naturwert mindestens erhalten bleiben, sodass er über die gesamte Stadt steigt.
Damit die oben genannten Ziele auch erreicht werden, wurden Maßnahmen definiert wie z.B. konkrete Personalstellen oder Geld.
Wie lassen sich Siedlungsentwicklung und Naturschutz zusammen realisieren?
Durch die Volkinitiative wurde das Thema Grünverlust in der Stadt thematisiert. Heute befindet sich der Naturschutz mit der Siedlungsentwicklung auf Augenhöhe. Durch den Vertrag für Hamburgs Grün werden die Verhandlungsparteien zu Partnern und streben eine gemeinsame Entwicklung des urbanen Raumes an. Die Verhandlungsergebnisse bewahren zum einen die Natur in Hamburg, zum anderen lassen sie dennoch eine Stadtentwicklung zu.
Wo soll künftig gebaut werden?
Eine maßvolle Nachverdichtung der Stadt kann über Aufstockungen, wie z.B. Wohnungen auf eingeschossigen Supermärkten oder durch das Flächenrecycling zustande kommen. Ebenfalls können tausende Wohnungen entlang der Hauptverkehrsachsen entstehen (Magistralenkonzept).
Werden auch künftig noch Grünflächen bebaut werden?
Ein vollständiger Schutz von Grünflächen vor Bebauung ist nicht vereinbart worden. Nur in Naturschutzgebieten ist eine Bebauung ausgeschlossen worden. Bei Flächen in Landschaftsschutzgebieten oder den noch nicht planungsbefangenen Flächen des Grünen Netzes innerhalb des zweiten Grünen Rings, müssen aufgrund des neuen Flächenschutzes Ausgleiche geschaffen und gleichgroße Tauschflächen ausgewiesen werden. Hinterhofbebauungen kann es auch künftig geben. Es wurden aber höhere Hürden formuliert, denn die Auswirkung auf den Biotopwert muss jetzt – zusätzlich zum naturschutzrechtlichen Ausgleich nach Bebauungsplan – gewährleistet sein.
Wie sichert die Vereinbarung den Grünschutz in überverdichteten Vierteln?
Das Verhandlungsergebnis greift eine Regelung auf, nach der alle wertvollen, zum 17.05.2016 noch nicht planungsbefangenenen Grünflächen innerhalb des zweiten Grünen Rings in Fläche und Wert auszugleichen sind, sollten sie in Anspruch genommen werden (Staatsrätevereinbarung von 2016). Durch die Aufnahme dieser Regelung in das Bürgerschaftliche Ersuchen wird eine bislang zwischen Staatsräten getroffene Vereinbarung zum Handlungsgrundsatz des Senates und erhält dadurch einen verbindlicheren Charakter.
Jeder Grünverlust wird sich auf die Verschlechterung der Naturqualität auswirken, die zukünftig in kürzeren Abständen über die Ermittlung des Biotopwerts erfasst wird – und muss dank des Verhandlungsergebnisses ausgeglichen werden (siehe „Der Naturwert soll erhalten bleiben“). Eine maßvolle Bebauung, die keinen Reduzierung des Naturwerts bedeutet, rückt damit wieder stärker in den Fokus.
Außerdem wird sich der NABU unabhängig vom Verhandlungsergebniss dafür stark machen, die Vorgaben der städtischen Freiraumbedarfsanalyse bei Bauentscheidungen ernst zu nehmen.
Warum ist der jetzige Kompromiss besser als in ein Volksbegehren zu gehen bzw. ein gewonnener Volksentscheid?
Durch die Verhandlungsergebnisse konnte ein viel besserer Schutz für Hamburgs Grün erreicht werden, als zuvor in den Fragestellungen der Volksinitiative definiert. Bei einem etwaigen Volksbegehren würden die erreichten Ziele der Verhandlungen verloren gehen, sodass die Grundlage des Begehrens, wie zu Beginn der Initiative, notgedrungen formal lediglich der Schutz grüner Planungs-Milieus sein würde. Folgende Vorteile für Hamburgs Grün konnte erst durch die Verhandlungen entstehen:
- Der Flächenschutz wurde konkretisiert auf die Festschreibung des Flächenvolumens von Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet, Biotopverbund und Grün- und Erholungsanlagen.
- Die Naturqualität bleibt mindestens erhalten.
- Die Datengrundlage zur Versiegelung und Erfassung des Naturwerts wird verbessert
- Finanzielle und personelle Ressourcen ermöglichen einen besseren Naturschutz.
Die Umsetzung wird in jährlichen Gesprächen weiterverfolgt.
Welche Flächen werden jetzt besser geschützt?
Durch die Volksinitiative werde nun 10% der Flächen in Hamburg unter Naturschutz gestellt. Für künftige Eingriffe sind diese tabu. Darüber hinaus dürfen die Landschaftsschutzgebiete eine Fläche von 18,9% an der Hamburger Gesamtfläche nicht mehr unterschreiten. Eine solche Deckelung gibt es auch für die Biotopverbundflächen, die eine Grenze von 23,2% nicht unterschreiten dürfen.
Was passiert, wenn die jetzt geschützten Flächen doch bebaut werden sollen?
Flächen in Naturschutzgebieten dürfen nicht bebaut werden, allerdings in Landschaftsschutzgebieten und den weiteren Flächen des Biotopverbunds. Wenn nun ein Teil eines Landschaftsschutzgebietes bebaut wird, muss durch die Verhandlungsergebnisse ein Ausgleich stattfinden, d.h. an andere Stelle werden Flächen als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Landschaftsschutzgebiete sind somit nicht in der Lage, aber in der Fläche stabil.
Im Rahmen des jährlichen Statusberichts zur Drucksache muss der Senat darlegen, wie er eine dauerhafte Sicherung von 18,9 % Landschaftsschutzgebiets-Fläche gewährleistet. Hier müssen dann potentielle Tauschflächen genannt werden. Die neue Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes selbst dauert in der Regel zwei Jahre. Durch die Deckelung der Mindestflächen zählt das Ergebnis, sodass die Naturverluste tatsächlich wirkungsvoll ausgeglichen werden müssen, obwohl der Ausgleich der Tauschflächen gesetzlich nicht verankert ist.
Der Naturwert soll erhalten bleiben – was heißt das konkret?
Der ökologische Wert von Hamburgs Natur soll gesteigert werden. Die ökologische Aufwertung soll überall in der Stadt angepackt werden, nicht nur in Naturschutzgebieten.
Geeinigt wurde sich darauf, dass der Naturwert langfristig in Naturschutzgebieten steigen muss, während er gleichzeitig im restlichen Stadtgebiet nicht sinken darf. In der Praxis kann dies durch verschiedene Instrumente erreicht werden: die Entwicklung von Naturschutzgebieten, das Anlegen von Blühwiesen in Parks sowie der Renaturierung von Stadtbächen und die Pflege von naturnahen Wäldern. Positive Effekte können auch durch extensivierte Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen erzielt werden.
Explizit ist eine Steigerung des Biotopwerts um eine ganze Stufe für die Hälfte der Naturschutzgebiete-Flächen als Zielmarke festgesetzt worden. Eine solche Aufwertung kann nur durch kontinuierliche und gezielte Naturschutzmaßnahmen erreicht werden. Steigert sich der Naturwert, wirkt sich dies positiv auf die Artenvielfalt aus. Hamburg verpflichtet sich mit der Vereinbarung zudem zu deutlichen Verbesserungen von Lebensraumtypen nach der Flora-und-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH). Bisher sind nur zwei von 25 in Hamburg vorkommenden Lebensraumtypen in einem guten Zustand, in 10 Jahren soll dieser für 11 erreicht sein.
Wie lässt sich kontrollieren, dass das Vereinbarte tatsächlich umgesetzt wird?
Neu zum Einsatz kommt eine satellitengestützte Datenerhebung zu versiegelten Flächen. Mit dieser Methode lässt sich detailliert der reale Versiegelungsgrad ermitteln. Die Messung der Naturqualität erfolgt über die flächendeckende Biotopkartierung, ab jetzt alle fünf anstatt bisher alle acht Jahre. Zusätzlich wird es einen jährlichen Statusbericht an die Bürgerschaft. Darüber hinaus treffen sich alle Verhandlungspartner einmal im Jahr, um gemeinsam zu beurteilen und zu diskutieren, wie die Ziele und Maßnahmen verwirklicht wurden. Ebenso wird jährlich ein Bericht darüber verfasst.
Wo gilt der „Vertrag für Hamburgs Grün“?
Der Vertrag gilt für das gesamte Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg (nicht nur innerhalb Ring 2).
Was steckt hinter dem vereinbarten „Vertrag für Hamburgs Grün“?
Die Verhandlungspartner setzen sich gemeinsam für eine Entwicklung des Hamburger Stadtgrüns ein. Durch den Vertrag werden sie zu Partnern beim Erreichen der vereinbarten Ziele. In der Vergangenheit wurde deutlich, dass vertragliche Vereinbarungen zwischen Senat, Bezirken und anderen öffentlichen Institutionen das Zusammenwirken verbessern kann. Um eine gute Balance zwischen Siedlungsentwicklung und Grünerhalt in der Stadt zu gewährleisten, ist ein solcher Vertrag förderlich.
Alle Infos zur Einigung
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