Kranichschutz im Duvenstedter Brook
Mythos Kranich - Sagenhafter Vogel der menschenleeren Wildnis?
Selbst heute wird das Bild des Kranichs noch immer von falschen Vorstellungen und Vorurteilen bestimmt. Wenn wir an die Lebensräume des Kranichs denken, dann denken wir meist an weite, vom Menschen unberührte Naturlandschaften. Bilder von Sümpfen im Nordosten Europas, allenfalls von Brüchen in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg kommen uns in die Gedanken. Um so überraschter war die Öffentlichkeit, als 1980 ein Paar Kraniche im Duvenstedter Brook, also unmittelbar vor den Toren der Millionenstadt Hamburg, ihr Revier wählte. Schließlich lagen die letzten Brutnachweise aus diesem Gebiet fast ein Jahrhundert zurück.
Kraniche am Stadtrand
Die Vorkommen des Kranich in der damaligen Bundesrepublik waren zu
jener Zeit auf wenige Plätze im Herzogtum Lauenburg oder im Niedersächsischen Wendland beschränkt. Das Vorkommen im Brook war der zusammenhängenden Verbreitung vorgelagert - mithin der westlichste Brutplatz der Kraniche in Mitteleuropa! Und dann Kraniche ausgerechnet in einem Gebiet, das unmittelbar am Stadtrand von Hamburg liegt! Rundherum schließen sich die Baulücken, rückt die menschliche Besiedlung näher. Selbst an Wochentagen strömen Dutzende Spaziergänger in das Gebiet, an Wochenenden sogar Hunderte. Ostern, Erster Mai, Himmelfahrt, Pfingsten - Tage, die zum Ausflug ins Grüne einladen, liegen ausgerechnet mitten in der sensiblen Zeit der Brut und Jungvogel-Aufzucht. Wie sollte sich da ein Platz für solch "scheue Vögel der einsamen Wildnis" finden? Die Kraniche vom Brook scheint es wenig zu beeindrucken, denn seit 1980 zeigt die Bestandsentwicklung konstant nach oben. Mittlerweile kommen bis zu zehn Paare in den Brook und dessen unmittelbare Umgebung.
Schaffung von Ruhezonen
Eine der klassischen Maßnahmen des Artenschutzes ist die Schaffung von Ruhezonen: Im Naturschutzgebiet ist daher das Verlassen der Wege verboten. Infotafeln an allen Eingängen zum Brook weisen darauf hin. Über diese Beschränkung hinaus wurden seit der Unterschutzstellung verschiedene Wege gesperrt, zum Beispiel durchs Große Moor und durch den Urbrook in den 1960er Jahren sowie entlang des Scheidegrabens, entlang den zentralen Wiesenflächen und an der Ammersbek Ende der 1980er Jahre. Dadurch entstanden zwei große Bereiche von jeweils gut einem Quadratkilometer Fläche, in die kein Weg hinein führt. Während der Zeit der Brut und Aufzucht werden im Westen des Brookes zwei weitere Wege gesperrt, in der Regel von Anfang März bis in den Juli, so dass hier eine dritte große Ruhezone entsteht.
Naturschutzwache
Die ehrenamtliche Naturschutzwache des NABU Walddörfer achtet auf die Einhaltung der Gebote, sammelt Daten zum Vorkommen der Kraniche (und anderer Vogelarten) und steht Besuchern Rede und Antwort. Als Unterkunft diente von 1981 bis 1995 ein alter Wohnwagen. So attraktiv die Unterbringung unmittelbar am Ort des Geschehens auch war, die äußerst spartanische Unterkunft ohne nennenswerte Beheizung und ohne geregelte Ver- und Entsorgung machte diese Variante zu einer Zumutung für Mensch und Umwelt. Seit 1996 wohnen unsere Naturschutzwachen in den Räumen der Umweltbehörde auf dem Gelände der
Forstdienststelle mitten im Duvenstedter Brook. Uns steht hier ein festes Gebäude mit geregelter Heizung, Wasseranschluss und (nicht nur aus ökologischer Sicht besonders wichtig) einem WC mit ordnungsgemäßer Entsorgung zur Verfügung. So sehr wir diese bequeme Lösung auch zu schätzen wissen, wollen wir aber doch nicht verhehlen, dass die Gebäude mitten im Naturschutzgebiet letztlich doch eine massive Störung der Natur mit sich bringen. Unser erklärtes Ziel lautet daher, langfristig alle Gebäude (also auch die derzeitige Unterkunft) aus dem Schutzgebiet heraus zu bekommen.
Weitere Infos zum Kranich
Der Kranich brütet bevorzugt auf feuchten bis nassen Flächen wie Hochmooren und Feuchtwiesen. Außerhalb der Brutzeit sucht er seine Nahrung häufig auf Feldern und Wiesen. Mehr →
Besondere Bedeutung für Kranichschutz hat die Schaffung von Brutplätzen mit ausreichend hohen und stabilen Wasserständen. Mehr →
Die Kraniche ziehen Mitte März. Diese Aussage findet sich heute noch in den meisten vogelkundlichen Werken wieder. Für den Brook (und für weite Bereiche Mitteleuropas) ist sie jedoch längst überholt. Mehr →