Jungstörche in den Vier- und Marschlanden - Foto: Thomas Dröse
Weißstörche in Hamburg
Storchenmetropole in Norddeutschland
Der Weißstorch lebt in offenen Landschaften und Feuchtgrünland sowie extensiv genutzten Wiesen und Weiden. In Hamburg lebt er vor allem in den landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaften der Vier- und Marschlande im Bezirk Bergedorf, aber auch in Harburg.
Historischer Rückblick
Der Weißstorch hat eine wechselvolle Geschichte in Hamburg. Um 1900 waren noch etwa 120 Storchenpaare zu beobachten. Sein Vorkommen beschränkte sich damals nicht nur auf die Marschgebiete der Bezirke Bergedorf und Harburg; auch in den Feldmarken der übrigen Bezirke war er zu Hause. Mit dem stetigen Wachstum der Stadt nahm der Storchenbestand kontinuierlich ab. Zum Ende des Ersten Weltkriegs war die Anzahl der Brutpaare auf etwa 70 gesunken und Mitte der 1940er Jahre gab es in Hamburg nur noch 25 Brutpaare. Die zunehmende Inanspruchnahme ihres Lebensraums und ihrer Nahrungsflächen durch Wohnbebauungen und Gewerbe in den Feldmarken führte schließlich dazu, dass der Storch als Brutvogel dort nicht mehr vorkommt. Die Intensivierung der Landwirtschaft und die damit einhergehende Trockenlegung von Moorgebieten und Feuchtwiesen taten ihr Übriges, sodass Mitte der 1980er Jahre nur noch fünf Brutpaare in Hamburg registriert wurden. Kaum mehr als 10 Jungstörche verließen damals die Nester.
Mit Herz und Ausdauer: Ehrenamtlicher NABU-Einsatz für den Storchenschutz
Als die Hamburger Storchenzahlen in den 1980er Jahren auf ein historisches Tief fielen, setzte sich der NABU mit ganzer Kraft für ihren Schutz ein. An vorderster Front: Jürgen Pelch, vielen bekannt als der Storchenvater Hamburgs. Seit über 40 Jahren kümmert er sich mit Herzblut darum, dass "Meister Adebar" in der Stadt wieder eine Zukunft hat – mit über 50 künstlichen Storchenmasten, unzähligen gepflegten Horsten und geretteten Vögeln. Wenn jemand einen Horst auf seinem Hof aufstellen möchte, ist Pelch zur Stelle – berät, organisiert Material und hilft beim Aufbau. Doch sein Engagement geht weit darüber hinaus: Er renoviert alte Horste, birgt und pflegt verletzte Störche, kümmert sich um verlassene oder kranke Jungvögel und führt seit Jahrzehnten eine lückenlose Brutstatistik. So viel Einsatz ist unbezahlbar – und unersetzlich. Der Erfolg spricht für sich: Seit 1993 steigen die Zahlen wieder. Aus nur fünf Brutpaaren wurden 30-40 Paare, die inzwischen jedes Jahr erfolgreich Jungstörche großziehen. Im Jahr 2024 gab es zudem eine neue Rekordzahl, 43 Storchenpaare haben 113 Junge großgezogen. Damit ist Hamburg nicht nur eine Metropole – sondern Deutschlands Storchenhauptstadt.
Zwischen Nest und Nahrung: Ein Horst macht noch kein Zuhause
Heute stehen den Störchen in den Vier- und Marschlanden ausreichend Nistplätze zur Verfügung – nicht zuletzt dank der ehrenamtlichen Schutzbemühungen seitens des NABU. Obwohl es im Bezirk Bergedorf noch eine Reihe unbesetzter Storchenhorste gibt, scheint sich die Anzahl der Brutpaare – abgesehen von leichten jährlichen Schwankungen – in den letzten Jahren bei 30 bis 40 einzupendeln. Andererseits ist zu beobachten, dass es vermehrt zu Kämpfen um bereits besetzte Horste kommt. Obwohl es noch unbesetzte Horste gibt, machen „Spätankömmlinge” anderen Störchen ihre angestammten Nistplätze streitig. Diese Nistkämpfe haben bereits zu Todesopfern und Vertreibungen unter den Störchen geführt. „Störche sind offenbar bereit, ein Verletzungs- oder gar Tötungsrisiko für ein geeignetes Revier einzugehen, anstatt ein unbesetztes Revier schadlos zu übernehmen”, erläutert Dr. Christian Gerbich, Referent für Naturschutz beim NABU Hamburg. „Da liegt der Schluss nahe, dass in Hamburg alle geeigneten Reviere inzwischen besetzt sein könnten.“ Mit anderen Worten: Es gibt zwar genügend Horste, aber zu wenig Nahrung.
Für erfolgreichen Storchenschutz braucht es also mehr als ausreichende Nistmöglichkeiten: Es braucht auch geeignete Lebensräume mit ausreichendem Nahrungsangebot. Deshalb bemüht sich der NABU Hamburg, auf seinen eigenen Flächen optimale Feuchtlebensräume zu schaffen, die auch für Störche gute Nahrungsbedingungen bieten. Die Stadt Hamburg unterstützt das Vorhaben mit gezielten Investitionen und Maßnahmen, welche eine extensive Nutzung von Grünlandflächen fördern sollen. Von dieser profitieren Insekten und Amphibien – und damit auch der Storch. Ob die Schutzmaßnahmen wirklich den gewünschten Erfolg bringen, untersucht das Storchenbesenderungsprojekt des NABU Hamburg. Seit 2019 tragen zwölf Weißstörche kleine Sender. Ihre Flug- und Aufenthaltsdaten helfen zu verstehen, wo sie Nahrung finden und wo nicht.
Der NABU Hamburg zieht jährlich Bilanz, wie erfolgreich die Brutsaison der Weißstörche in der Hansestadt verlief. Mehr →
Um das Verhalten von Störchen und ihre Reaktion auf Umwelteinflüsse besser zu verstehen, stattet der NABU Hamburg seit 2019 Störche mit kleinen Sendern aus und analysiert ihre Flugbewegungen. Auf dieser Karte sind die besenderten Tiere tagesaktuell zu sehen. Mehr →
