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Mitglied werdenKein Hafenschlick ins Wattenmeer!
Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe befürchtet dramatische Auswirkungen auf Ökosystem vor Scharhörn
Hamburg, 08.02.2022 - Die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Umweltverbände BUND, NABU und WWF fordern den Hamburger Senat auf, die Pläne zur Schlickverklappung am Rande des Nationalparks Wattenmeer auf Eis zu legen und ihr Sedimentmanagement an der Elbe grundsätzlich neu aufzustellen. Die Hamburg Port Authority (HPA) hatte heute bekannt gegeben, dass sie ihre eigene Prüfung der Umweltauswirkungen abgeschlossen hat und nach einer kurzfristig anberaumten Beteiligung der Umweltbehörde (BUKEA), der Nachbarbundesländer und der Umweltverbände mit der Verbringung der Sedimente beginnen will. Dies wird bereits ab Mitte März erwartet.
„Das politische Urteil gegen das Wattenmeer scheint bereits gesprochen. Die Beteiligung kann nur noch eine Farce sein, denn eine rechtlich saubere Prüfung der Einwendungen mit einwandfreier Abwägung der Umweltbelange ist in dieser engen Vertaktung nicht möglich. Dort wo Seehunde und Schweinswale sowie Dutzende Fisch- und Vogelarten leben und zum Teil sehr seltene Tiere und Pflanzen zu Hause sind, will Hamburg seinen Baggerabfall ins Meer kippen“, so die Umweltverbände.
Aus Sicht der Verbände sind die Pläne für den Nationalpark eine Katastrophe. Zehntausende naturbegeisterte Menschen kommen jedes Jahr in das Paradies auf Neuwerk und die benachbarte Vogelinsel Scharhörn. Grund dafür sind die außergewöhnliche Landschaft, die Ruhe und nicht zuletzt die Lage der Inseln in der Kernzone des Nationalparks Wattenmeer. Das Gebiet ist als UNESCO-Weltnaturerbe sowie als europäisches Vogelschutzgebiet und als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) ausgewiesen – das heißt, als Gebiet, das dem besonderen Schutz von Tieren-, Pflanzen und Lebensräumen dienen soll.
BUND, NABU und WWF kritisieren, dass Hamburg für seine Hafenwirtschaft nach der Schädigung des Ökosystems der Tideelbe durch die Elbvertiefung nun auch die Gefährdung des Weltnaturerbes Wattenmeer billigend in Kauf nimmt. Gleichzeitig kündigen sie an, die Unterlagen der HPA so schnell wie möglich fachlich und rechtlich prüfen und, sofern aussichtsreich, dagegen vor Gericht vorzugehen.
Die Umweltverbände fordern auch die Nachbarbundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf, sich in aller Deutlichkeit gegen die Hamburger Pläne zu positionieren. Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies hatte bereits am 20. Januar einem geharnischten Brief an Bürgermeister Tschentscher auf die schwerwiegenden ökologischen Folgen einer Verbringung bei Scharhörn sowie auf den schlechten politischen Stil der Hansestädter hingewiesen und „die bisher vertrauensvolle Zusammenarbeit des Bundes und der betroffenen Länder“ in Frage gestellt. Diese klare Haltung dürfe nicht von den Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und Daniel Günther (CDU) im Wahlkampf beider Länder aufgegeben werden.
„Es wäre beschämend, wenn das Spitzenpersonal der drei Bundesländer dem Naturfrevel im Nationalpark Wattenmeer zustimmt, während sie als Wahlkämpfer den Menschen erzählen, sie würden alles zur Rettung von Klima und Artenvielfalt unternehmen. So gewinnt man kein Vertrauen von Menschen in Zeiten großer Herausforderungen – und auch keine Wählerstimmen“, prophezeien BUND, NABU und WWF.
Hintergrund
Das Elbästuar ist ein bedeutender Teil des Wattenmeeres, das in Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein als Nationalpark geschützt ist. Seit 2009 ist dieser einzigartige Lebensraum von der UNESCO mit dem Prädikat „Weltnaturerbe der Menschheit“ ausgezeichnet. Damit verpflichtet sich Deutschland, das Wattenmeer in Gänze für unsere zukünftigen Generationen zu bewahren. Diese hohe Auszeichnung wurde dem Wattenmeer nicht zuletzt für seine herausragende Bedeutung für Millionen von Zugvögeln verliehen.
Die im Mündungsgebiet der Elbe gelegenen Inseln Neuwerk sowie die kleinere Insel Scharhörn gehören territorial zur Landesfläche der Freien und Hansestadt Hamburg. Die beiden Inseln liegen küstennah in der Nordsee westlich von Cuxhaven im Wattenmeer.
Das Wattenmeer ist neben seinem Prädikat eines UNESCO-Weltnaturerbes als Nationalpark und Natura2000 (FFH-) Gebiet sowie auch als europäisches Vogelschutzgebiet geschützt. Deutschland hat mehrere internationale Abkommen zum Schutz wandernder Tierarten ratifiziert, darunter die Bonner Konvention und das Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (AEWA). Unter diesen Schutz fallen auch die von der Planung betroffenen Zugvögel.
Ältere Meldungen zu diesem Thema
Hamburg, 22.02.2021
Die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Verbände BUND, NABU und WWF fordern Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und seinen schleswig-holsteinischen Amtskollegen Daniel Günther vor ihrem Treffen am Dienstag auf, die ökologischen Folgen Elbvertiefung nicht weiter auf dem Rücken von Natur und Umwelt zu organisieren. Die Elbvertiefung müsse umgehend gestoppt werden, weil die Entwicklung der Baggermengen vollständig aus dem Ruder laufe.
Nach Einschätzung der Umweltverbände hat sich vor allem Hamburg beim Thema Sedimentmanagement verzockt. Der Senat hat die von den Umweltverbänden prognostizierte Wirkung der Elbvertiefung hinsichtlich des massiven Anstiegs der Schlickmengen unterschätzt oder ignoriert. Jetzt stehe die Hafenverwaltung blank da und wisse nicht wohin mit dem Schlick.
„Die Elbvertiefung ist gescheitert, bevor sie voll umgesetzt ist. Wir sind angesichts Hunderter gut bezahlter „Fachleute“ bei Hamburg Port Authority, der Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes oder bei der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) über den Grad des behördlichen Missmanagements entsetzt. Die Konflikte um neue Deponiestandorte für den Schlick waren absehbar. Die politische Fehleinschätzung dazu ist erschreckend. Um weiteren ökonomischen und ökologischen Schaden abzuwenden, fordern wir die politischen Entscheider auf, die Elbvertiefung umgehend zu stoppen“, so die Verbände.
Während Umweltverbände die jetzt eintretenden negativen Folgen steigender Sedimentmengen richtig vorhergesagt hatten, negierte die WSV beharrlich eine grundsätzliche Zunahme von Sedimenten. Jetzt verschlechtert sich der Zustand des Flusses zusehends. Das Stintsterben, steigende Trübung und zunehmender Tidehub sind dafür klare Belege. Und auch die ökonomische Dimension der Unterhaltungsbaggerung wird immer absurder, schon jetzt verschlingt sie ca. 150 Mio. Euro pro Jahr. Bürgermeister und Ministerpräsidenten dürften jetzt keine billigen Lösungen im Hinterzimmer ausknobeln und sich dabei auf die Beratungsleistung derjenigen verlassen, die für die erkennbare Misere verantwortlich sind. Die Umweltverbände fordern daher einen Krisengipfel „Tideelbe“, auf dem transparent und ohne Vorbehalte nach Lösungen gesucht wird, die den Hafen stärken und die Elbe als Lebensraum erhalten.
Hamburg, 19.11.2020
Die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Umweltverbände BUND, NABU und WWF sind entsetzt über die Pläne von Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, im Alleingang seiner Behörde eine Ablagerungsstätte für Hafenschlick am Rande des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer vor der Insel Scharhörn einzurichten. Sie fordern ein wasserrechtliches Verfahren inklusive einer FFH-Verträglichkeitsprüfung, für das in Hamburg die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) mit Umweltsenator Jens Kerstan zuständig ist.
„Wenn sich im Rahmen dieses Verfahrens herausstellt, dass vergiftete und verdriftete Schlickbestandteile die Lebensräume des Wattenmeeres mit seiner einmaligen Tier- und Pflanzenwelt bedrohen, werden wir verhindern, dass Hamburg das Weltnaturerbe zum Mülleimer der Hafenwirtschaft macht“, so das Aktionsbündnis.
Die Umweltverbände stützen sich in ihrer Forderung auf ein Gutachten der Kanzlei Mohr Rechtsanwälte. Nach Auffassung von Rechtsanwalt Rüdiger Nebelsieck greift bei einer drohenden Beeinträchtigung der Erhaltungsziele unterschiedlicher FFH- und Vogelschutzgebiete in die Nationalparks des Wattenmeeres Europäisches Recht, wonach eine FFH-Verträglichkeitsprüfung und in deren Rahmen auch eine Beteiligung von Umweltverbänden erfolgen muss.
Das Vorhaben müsste gestoppt werden, wenn die Prüfung eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele feststellt und eine Abweichungsentscheidung nicht erteilt wird. Letztere kann es nur bei zwingenden Gründen eines überwiegenden öffentlichen Interesses geben und wenn der mit der Planung verfolgte Zweck nicht an anderer Stelle mit geringeren Beeinträchtigungen erreicht werden kann.
Um die Auswirkungen des Vorhabens auf den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer überhaupt zu beurteilen, sind eine Beprobung des Meeresbodens, eine Bestandsaufnahme der Kleinlebewesen und der Fischfauna sowie der Auswirkungen auf Seevogelarten notwendig. Diese Untersuchungen sind verlässlich nur im Sommerhalbjahr möglich, eine kurzfristige Genehmigung für die Verklappungspläne ist aus Sicht der Umweltverbände daher ausgeschlossen.
Das grundsätzliche Problem sehen BUND, NABU und WWF in der Vertiefung der Unterelbe für noch größere Containerschiffe. Sowohl die laufenden Baggerarbeiten als auch die absehbaren Maßnahmen zum Freihalten der Fahrrinne seien ganz offensichtlich aufwendiger und für das Ökosystem der Elbe belastender als geplant. Aus Sicht der Verbände muss die Elbvertiefung daher sofort gestoppt werden.
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