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Mitglied werdenWärmelastplan nicht aufweichen!
NABU fordert Zustimmung des Senats und verurteilt Panikmache seitens der Industrie


12. Dezember 2008 -
Der NABU Hamburg kritisiert die Bemühungen der Industrie, den Wärmelastplan für die Elbe durch Ausnahmeregelungen aufzuweichen. Er fordert den Hamburger Senat auf, an dem Wärmelastplan in der vorliegenden Form festzuhalten und diesen auf keinen Fall zu Lasten des Ökosystems Elbe abzuschwächen. Andernfalls würden die Elbe und die darin lebenden Tiere und Pflanzen unweigerlich Schaden nehmen.
„Die Erneuerung des 35 Jahre alten Wärmelastplans ist für die Elbe unbedingt erforderlich“, bekräftigt Stephan Zirpel, Geschäftsführer des NABU Hamburg. „Das vorliegende Papier stellt aus unserer Sicht lediglich ein Minimum zum Schutz der Elbe dar. Die Elbe bräuchte vielmehr strengere und verbindlichere Grenzwerte. Ausnahmeregelungen für einzelne Betriebe würden den Wärmelastplan dagegen komplett untergraben.“ Neben den bestehenden Industriebetrieben und Kraftwerken sind entlang der Unterelbe weitere Kraftwerke geplant, die alle Kühlwasser aus dem Fluss entnehmen und diesem wieder erwärmt zuleiten werden. In der Summe aller industriellen Einleitungen erwärmt sich so das Elbwasser um mehrere Grad - mit fatalen Folgen für das Ökosystem Elbe, insbesondere für die Fische. „Je wärmer das Elbwasser ist, desto weniger Sauerstoff ist darin“, klärt Zirpel auf. „Wenn Industriebetriebe so viel warmes Abwasser in den Fluss leiten dürften wie sie wollen, werden in den kommenden Sommern die Fische in der Elbe verstärkt mit dem Bauch nach oben schwimmen.“
Der NABU fordert daher, dass der Senat den Wärmelastplan auf seiner Sitzung am 23. Dezember ohne Abstriche und Ausnahmen beschließt. Zirpel: „Das wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk für die Elbe und die Fische!“ Von der reflexartigen Drohung der Industrie mit Standortwechsel und Arbeitsplatzverlust dürfe sich der Senat nicht unter Druck setzen lassen. Sind die Belastungen der Betriebe zu groß, müssen Industrie und Politik andere Lösungen finden, um die Vorgaben des Wärmelastplans zu erreichen. „Am Schutz der Elbe führt aber kein Weg vorbei. Durch die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union ist eine Verbesserung des Zustandes der Gewässer bis 2015 vorgeschrieben,“ so Zirpel. „Knickt der Senat vor der Industrie ein, ist das aber nicht nur ein Armutszeugnis für die Politik, sondern es droht eine ähnliche Pleite wie bei der Ausweisung des Wattenmeers als Weltnaturerbe.“ Denn Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben den Wärmelastplan bereits verabschiedet. „Nach der Intervention der Industrie droht Hamburg nun zu zögern und sich damit erneut ins Abseits zu begeben“, ärgert sich der NABU-Mann. „Verlässlichkeit gegenüber Niedersachsen und Schleswig-Holstein scheint nach langwierigen Verhandlungen nicht Hamburgs Stärke zu sein.“
Elbe soll vor Kühlwassereinleitungen geschützt werden

Die ökologisch empfindliche Elbe muss vor übermäßigen Kühlwassereinleitungen geschützt werden - Foto: Andreas Lettow
01. Dezember 2008 -
Zu warm und zu wenig Sauerstoff – der Elbe könnte bald die Luft ausgehen. Denn an zahlreichen Stellen entlang der Unterelbe leiten Industrieanlagen und Kraftwerke große Mengen an Wärme über das Kühlwasser in den Fluss ein. Oder werden dies noch tun, wenn viele Planungen Realität werden. Die Folge: das Elbwasser erwärmt sich über Maßen, der Sauerstoff, die „Luft“, im Wasser wird knapp. Dies gefährdet die Fische in der Elbe. Mithilfe eines „Wärmelastplanes“ wollen Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein nun die Einleitungen regulieren, um die Elbfische besser schützen zu können.
Der so genannte „Wärmelastplan für die Tideelbe“ soll konkretisieren, wie die Behörden der drei Bundesländer künftig Kühlwassereinleitungen in die Tideelbe hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Fluss beurteilen sollen. Das Dokument sollte ursprünglich Anfang 2008 veröffentlicht werden. Inzwischen liegt dem NABU ein Entwurf vor, aus dem man ablesen kann, wie hart um die Formulierungen gerungen wird. Und offensichtlich besteht immer noch Diskussionsbedarf. Es wird gemunkelt, dass Wirtschaftsverbände den Wärmelastplan am liebsten wieder in einer Schublade verschwinden lassen würden.
Dabei besteht dringender denn je Handlungsbedarf. Entlang der Unterelbe sind neben dem Kohlekraftwerk Moorburg noch weitere Kraftwerke geplant, die alle Kühlwasser aus dem Fluss entnehmen und diesem wieder erwärmt zuleiten werden. In der Summe aller industriellen Einleitungen erwärmt sich so das Elbwasser um mehrere Grad – mit fatalen Folgen für die Fische. Denn bereits Temperaturen über 20 Grad Celsius und Konzentrationen unter 8 mg Sauerstoff pro Liter stören die Fortpflanzung und das Wachstum vieler vom Aussterben bedrohter Fischarten. Leidtragende sind zum Beispiel Quappe und Rapfen. Steigt die Temperatur sogar über 28 Grad Celsius oder sind weniger als 3 mg Sauerstoff pro Liter vorhanden, sterben viele Fischarten, wenn sie sich nicht rechtzeitig in kühlere und sauerstoffreichere Gewässerbereiche zurückziehen können. Wanderfische wie Lachs und Forelle gehen schon bei 6 mg Sauerstoff pro Liter ein.
Den Fischen wird dabei ein physikalischer Zusammenhang zum Verhängnis: Je wärmer ein Gewässer ist, desto mehr Sauerstoff brauchen sie wegen ihres erhöhten Stoffumsatzes zum Leben. Gleichzeitig kann warmes Wasser nicht viel Sauerstoff lösen, dieser wird außerdem durch Bakterien dem Elbwasser verstärkt entzogen. Deshalb ist infolge der Einleitung von großen Mengen an Kühlwasser nicht selten mit Gehalten unter 6 mg Sauerstoff pro Liter zu rechnen. Der Unterelbe kommt dabei eine überregionale Bedeutung zu. Denn hier müssen die Wanderfische des ganzen Einzugsgebietes vorbei.
In Anbetracht der vielen Kühlwassereinleitungen und der zahlreichen Kraftwerksneuplanungen haben die Behörden somit richtig erkannt, dass hier konkretere Beurteilungsgrundlagen geschaffen werden müssen, als sie bisher angewendet haben. Die Technik zur Beurteilung steht zur Verfügung: Mit einem Computermodell kann die Ausbreitung des Kühlwassers im Fluss und die Sauerstoffsituation vor der Genehmigung einer Einleitung modelliert werden. Nun gilt es die gute Kenntnislage zu den Lebensraumansprüchen der Fische in entsprechende Genehmigungsgrundsätze umzusetzen und diese in einem für die beteiligten Bundesländer verbindlichem Dokument festzuschreiben. Es wäre ein echtes Armutszeugnis, wenn die Nordländer hierbei vor der Wirtschaftslobby einknicken würden.
Tobias Ernst