Natur auf kleinstem Raum
Tipps für einen naturnahen Balkon
Grüne Wände und Balkongitter | Bienen auf dem Balkon?! | Der "Balkonteich"
Ein naturnaher Balkon - geht so etwas überhaupt? In der Tat liegen darüber erst wenige Erfahrungen vor - umso reizvoller ist es aber, selber in dieser Richtung zu experimentieren. Mit etwas Phantasie und Fachkenntnis ist es möglich, sich ein Stück Natur direkt vor das Fenster zu holen. Sicher, auch die "klassischen" Balkonkastenpflanzen wie Geranien oder Begonien sind ein Stück (gezüchtete) Natur. Auf Dauer wirken sie trotz oder gerade wegen ihrer grellbunten Farben jedoch etwas langweilig. Das liegt sicherlich nicht allein darin begründet, dass man sie landauf, landab von allen Balkons prunken sieht, sondern auch daran, dass sie für die meisten Insekten nur einen geringen Wert haben und entsprechend wenig umschwärmt werden. Warum nicht einfach mal etwas ganz anderes ausprobieren? Die folgenden Beispiele sollen einfach neugierig machen und Anregungen geben.
Blumenwiese auf dem Balkon
Wer gerne eine Blumenwiese hätte, aber keinen eigenen Garten sein eigen nennt, braucht dennoch nicht ganz darauf zu verzichten. Ja, in vieler Hinsicht hat es ein Balkongärtner damit sogar leichter als ein Gartenbesitzer. Es gibt verschiedene Samenmischungen von Wildblumen zu kaufen. Darunter sind viele, die sich für die Anlage einer "richtigen" Blumenwiese im Garten zwar nur bedingt eignen, die aber sehr reizvolle Blumenarrangements im Balkonkasten abgeben. Häufig enthalten solche Mischungen einjährige Arten, die man dann jedes Jahr einfach wieder neu aussät.
Einjährig sind auch viele typische Ackerwildkräuter. Was spricht dagegen, sich so prächtige Arten wie Klatschmohn, Kornblume, Kornrade, Adonisröschen, Margerite oder Saatwucherblume auf den Balkon zu holen und in Kombination mit Getreide einen farbenprächtigen Ackerrandstreifen vor dem Fenster entstehen zu lassen? Nicht nur das menschliche Auge freut"s; auch zahlreiche blütenbesuchende Insekten werden es Ihnen danken.
Grüne Wände und Balkongitter
Auf dem Balkon hat man viel mehr Platz in der Höhe als in der Fläche. Hier kann man also sehr gut mit Schling- und Kletterpflanzen arbeiten. Je nach Pflanzenart und Rankhilfe lassen sich damit unterschiedliche gestalterische Ansprüche erfüllen: kahle Fassaden begrünen, Sichtschutz schaffen, lauschige Nischen abgrenzen und so weiter. Für reine "Balkonzwecke" sind am ehesten solche Pflanzen geeignet, die eine Rankhilfe benötigen, weil deren Wachstum leichter zu kontrollieren ist als das der meisten Selbstklimmer. Bei den mehrjährigen Arten empfiehlt sich auch die Auswahl schwach-wüchsiger Sorten; oder aber man beschränkt sich auf einjährige Arten, die jedes Jahr wieder neu ausgesät werden. Wichtig ist natürlich auch die Beachtung der jeweils passenden Standortverhältnisse (Sonne, Wind, Feuchtigkeit) und eine ausreichende Größe der Pflanzgefäße.
Geeignete mehrjährige Schling- und Kletterpflanzen:
- Waldrebe (Clematis, div. Arten und Sorten)
- Geißblatt oder Jelängerjelieber (div. Arten und Sorten)
- Efeu: im Gegensatz zu den vorgenannten Arten kein Schlinger, sondern Selbstklimmer mit Haftwurzeln. Nur an schattigen Standorten zu verwenden, wächst relativ langsam.
- Kletterrosen: nur ungefüllte Sorten verwenden, da gefüllte Blüten keinen Nektar geben.
- Wilder Hopfen: sehr schnellwüchsig, verträgt schattigen Standort, braucht viel Feuchtigkeit. Mehrjährige Staude, die jedes Frühjahr wieder neu austreibt.
Auch einjährige Kletterpflanzen gibt es in großer Auswahl. Am bekanntesten sind Kapuzinerkresse, Feuerbohne, Schwarzäugige Susanne (Thunbergia), Duftwicke und Prunkwinde. Es wäre zu probieren, ob auch unsere heimischen Winden balkongeeignet sind.
Bienen auf dem Balkon?!
Wer will schon Bienen auf dem Balkon haben?! Aber nicht die fleißigen Honigbienen sind hier gemeint, sondern Wildbienen, von denen es allein in Deutschland über 500 Arten gibt. Sie leben nicht in Staaten, sondern einzeln, und sie sind für den Menschen völlig harmlos. Sie stechen nur, wenn man sie grob verletzt. Viele dieser Wildbienen leben in morschem Holz, in Lehmwänden, in hohlen Stängeln und ähnlichen Materialien. Man kann sie durch verschiedene leicht herzustellende Nisthilfen, die man möglichst regengeschützt an einer besonnten Wand anbringt, gezielt ansiedeln. Da sie sich um den Menschen nicht kümmern, lässt sich ihr oftmals hochinteressantes Verhalten gut verfolgen.
Für holzbewohnende Arten bohrt man in Hartholzscheiben (Eiche oder Buche, kein Nadelholz!) blind endigende Gänge von zwei bis acht Millimetern Durchmesser. Hierein tragen die Bienenweibchen Pollen ein, legen ein Ei darauf und verschließen die Röhre. Die schlüpfende Larve ernährt sich von dem Pollen, wächst heran, verpuppt sich und verlässt als fertige Biene die Brutröhre. Anderen Arten kann man mit Lehm gefüllte Lochziegel anbieten oder aber gebündelte Schilfhalme, Brombeerruten oder Holundertriebe. Die jeweils "passenden" Wildbienenarten werden sich mit etwas Glück von allein einstellen, wenn man gleichzeitig ein passendes Nahrungsangebot schafft. Denn Bienen sind bekanntlich Blumenkinder, und die schönsten Behausungen nützen nichts ohne Nahrungspflanzen in der Nähe.
Geeignete Blumen für Bienen und Schmetterlinge
Bei Bienen beliebte Nektarquellen, die sich in der Regel über viele Jahre auf dem Balkon halten, sind beispielsweise: verschiedene Glockenblumen-, Ziest- und Fetthennenarten, Schwertalant, Färberkamille, Schafgarbe, Wollige Strohblume, Thymian, Resede, Rankenplatterbse, Blaukissen, Ziertabak. Bei Bienen und Menschen gleichermaßen sehr beliebt sind auch Küchen- und Gewürzkräuter wie Salbei, Ysop, Melisse, Fenchel, Bohnenkraut u.a.m., die sich gut auf dem Balkon halten lassen. Kleiner Tipp am Rande: keine fette Balkonkastenerde verwenden, sondern möglichst mageres Sand/Lehm-Gemisch.
Auch Schmetterlinge kann man mit einem bunten Blütenensemble leicht auf den Balkon locken, etwa mit einem Schmetterlingsstrauch (Sommerflieder), der gut als Kübelpflanze gedeiht. Und Hummeln lieben Kugeldisteln...
Der "Balkonteich"
Doch, doch, selbst das ist möglich: ein Miniaturteich auf dem Balkon. Man nehme ein altes Fass oder ein anderes wasserdichtes Gefäß, fülle es ungefähr zur Hälfte mit (lehmigem) Sand, fülle mit Wasser auf und pflanze ein paar Sumpf- und Wasserpflanzen hinein: fertig ist unser Teich im Westentaschen- oder besser Balkonformat. Für die Bepflanzung am besten geeignet dürften Schwimmblattpflanzen wie Froschbiss oder Schwimmendes Laichkraut sein; es gibt sogar Zwergseerosen.
Auch Tannenwedel, der sowohl unter als auch über Wasser wächst, ist gut geeignet. Seine dunkelgrünen Triebe, die wie kleine Tannenbäumchen aus dem Wasser ragen, kontrastieren besonders gut zu den hellgrünen Schwimmblättern des Froschbiss. Dann noch ein Topf (auf Steine stellen, damit die Pflanzen nicht zu tief im Wasser stehen) mit einer attraktiven Sumpfpflanze wie Gelbe Schwertlilie oder Schwanenblume - und fertig ist die Teichidylle. Am besten setzt man noch einige Wasserflöhe und Wasserschnecken ein, die das Wasser filtern und abgestorbenes Material vertilgen. Die restlichen Tiere - von Wasserkäfern über Eintagsfliegen bis hin zu Libellen - kommen gratis von alleine.
Glauben Sie nicht? Ausprobieren! Der Balkon ist sicherlich kein Gartenersatz, aber es gibt viele Möglichkeiten, der Natur selbst hier etwas auf die Sprünge zu helfen. Spannend ist die naturnahe Balkongestaltung allemal, so dass auch ein Wochenende oder Urlaub auf "Balkonien" zum Abenteuer geraten kann.
Weitere Infos
Der NABU hat eine Vielzahl an Broschüren und Flyern zum Thema naturnahes Gärtnern. Mehr →
Wie kann ich meinen Garten in ein Paradies für heimische Tiere und Pflanzen verwandeln? Der NABU gibt Ihnen praktische Tipps! Mehr →
Die Fachgruppe Naturgarten kümmert sich seit vielen Jahren um den Naturgarten des NABU Hamburg, der seine Pforten auch an mehreren Tagen im Jahr für Besucher*innen öffnet. Mehr →