Ehemaliger Graben im Alten Land - Foto: Frederik Schawaller
NABU fordert Ausgleich für Naturzerstörungen
Naturzerstörung im Alten Land
15. November 2013 - Der NABU Hamburg hatte bereits Mitte September dem Senat vorgeworfen, bei der Durchsetzung von Obstbauinteressen im Alten Land den Naturschutz konsequent zu missachten. Der Verband forderte als Ausgleich für die aktuelle Naturzerstörung im Süderelberaum, dass sich der Senat für einen gesicherten Lebensraumkorridor für Tiere und Pflanzen im Talraum der Alten Süderelbe einsetzt. Die Antworten auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Anjes Tjarks und Martin Bill (Drucksache 20/9781) zeigen jetzt, dass sich der Senat damit aber gar nicht beschäftigt. Gleichzeitig drohen Mittel aus dem Europäischen Garantiefonds zur Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) in Höhe von über vier Mio. Euro zu verfallen, wenn keine Einigung im Naturschutz erzielt wird.
„Der Senat ist offenbar an einer ausreichenden Berücksichtigung des Naturschutzes nicht interessiert“, interpretiert Bernd Quellmalz, stellv. Geschäftsführer und Sprecher des NABU Hamburg die Aussage in der o.g. Drucksache, dass sich „der Senat mit diesen Fragen [Einrichtung eines Lebensraumkorridors] bisher nicht befasst“ hat. „Das ist doch sehr verwunderlich. Denn zurzeit steht das laufende Planfeststellungverfahren zur Herrichtung von Obstbauflächen in Francop und Vierzigstücken wegen des mangelhaften Ausgleichs für die Naturzerstörung auf der Kippe.“ Damit riskiere der Senat, dass die geplanten wasserwirtschaftlichen Maßnahmen nicht mehr rechtzeitig umgesetzt werden können, um bei der EU die beantragten ELER-Mittel von über vier Mio. Euro für die Kofinanzierung abzurufen.
„Das Nichthandeln des Senats ist an Ignoranz schon nicht mehr zu überbieten“, ist Quellmalz empört. „Nicht nur die Natur leidet unter der Einigung des Senats mit den Obstbauern, sondern jetzt muss womöglich auch noch der Steuerzahler dafür teuer bezahlen. Denn wer sonst gleicht den Verlust der ELER-Mittel aus?“ Der NABU fordert erneut, dass sich der Senat umgehend um eine Einigung für die Schaffung eines Lebensraumkorridors mit allen Beteiligten bemüht. „Die Zeit drängt“, sagt der NABU-Sprecher. „Wegen des anhaltenden Lebensraumverlustes und mangelnder Ausbreitungsmöglichkeiten brauchen die Tiere und Pflanzen dringend diesen Lebensraumkorridor, der die bestehenden Naturschutzgebiete im Süderelberaum miteinander verbindet.“ Diesbezügliche Schreiben des NABU und auch des Obstbaus an die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation hat Senator Frank Horch bereits im Dezember 2012 abschlägig beantwortet. „Wenn das aber Senatsmeinung bleibt, dann gute Nacht für Natur und Steuerzahler“, warnt Quellmalz. „Der Senat muss sich in dieser Angelegenheit jetzt endlich und schnell bewegen!“
Keine Chance für Natur im Alten Land?
NABU: Hamburg missachtet Naturschutz im Süderelberaum / Strafanzeige gegen illegale Grabenverfüllungen
13. September 2013 - Der NABU Hamburg hat heute dem Senat vorgeworfen, bei der Durchsetzung von Obstbauinteressen im Alten Land den Naturschutz konsequent missachtet zu haben. Derzeit drohen wichtige Lebensräume von Tieren und Pflanzen im Süderelberaum zwischen Este und Moorburg, ohne ausreichenden Ausgleich für den Obstbau geopfert zu werden. In Francop werden zurzeit sogar mit der Herrichtung von Obstbauflächen Fakten geschaffen, ohne dass eine Genehmigung dafür vorliegt.
„Was der Natur aktuell gerade im Alten Land angetan wird, ist eine große Sauerei“, ist Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg, empört. „Bereits jetzt werden die ersten neuen Obstplantagen angelegt. Dies geschieht auf Kosten ökologisch wertvoller Gräben, die vielen seltenen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum geboten haben. Diese nicht genehmigten Maßnahmen sind schlicht und ergreifend rechtswidrig.“ Dagegen hat der NABU nun Anzeige nach § 324 StGB gestellt. Der NABU hat darüber hinaus die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt als Aufsichtsbehörde aufgefordert, das illegale Treiben umgehend zu unterbinden.
Viel stärker kritisiert der NABU aber den ignoranten Umgang der Politik mit dem Naturschutz im Süderelberaum insgesamt. Dort sollen derzeit neue Obstbauflächen hergerichtet werden, die beim Bau der Ortsumgehung Finkenwerder verloren gegangen sind und für die A26 noch gehen werden. Für den Verlust von rund 80 ha erhalten die betroffenen Obstbauern insgesamt 200 ha neue Obstbauflächen. Zurzeit werden für den Abschnitt Francop in einem Planfeststellungsverfahren die dafür erforderlichen wasserbaulichen Veränderungen verhandelt. Verfahren für weitere Abschnitte westlich davon werden folgen. „Dass die einzelnen Abschnitte separat behandelt und nicht in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, ist aus ökologischer Sicht absolut nicht vertretbar“, kritisiert der NABU-Chef. Noch 2005 hatte der damalige CDU-Senat das Leitbild Süderelberaum beschlossen, demzufolge „der Kulturlandschaftsraum Süderelbe für den Obstbau, die Erholungsnutzung und den Erhalt der natürlichen Ressourcen gesichert und entwickelt werden soll.“ Dies beinhalte laut Leitbild unter anderem den Erhalt und die Entwicklung „einer übergeordneten naturräumlichen Vernetzung, u.a. durch eine weitere Entwicklung des Raumes der Alten Süderelbe als Nebenelbelinie und Vernetzung der Alten Süderelbe mit der Elbe.“ Porschke: „Die Vorgaben dieses Konzepts werden im vorliegenden Planfeststellungsverfahren nicht berücksichtigt. Die Vernichtung von wertvollem Feuchtgrünland und die Zuschüttung von ökologisch hochwertigen Gräben und Mulden werden die verbliebenen Lebensräume vielmehr weiter dezimieren.“ Dies gehe zu Lasten geschützter Amphibien wie Gras- und Teichfrosch, gefährdeter Brutvogelarten wie Kiebitz, Bluthänfling und Kleinspecht und des Schlammpeitzgers, einer europarechtlich geschützten Fischart. Aber auch gefährdete Libellen wie die Gebänderte Prachtlibelle und seltene Pflanzen wie Sumpf-Calla und Wasserfeder seien davon beeinträchtig.
Der vorgesehene Ausgleich für diese Naturzerstörung ist nach Ansicht des NABU völlig unzureichend. Beispielsweise gilt im laufenden Verfahren eine strukturelle Umgestaltung von Gräben bereits als Ausgleich. „Die Vorstellung, ein womöglich naturnah gestalteter Graben soll inmitten einer hochindustriell genutzten Obstplantage mit entsprechendem Spritzmitteleinsatz Lebensraum für Tiere und Pflanzen bieten, ist absurd“, ärgert sich der NABU-Vorsitzende. Er fordert: „Der Ausgleich muss stattdessen außerhalb des Eingriffsgebiets stattfinden! Hierfür muss ein Lebensraumkorridor entlang der Alten Süderelbe zwischen Elbe und dem Naturschutzgebiet Moorgürtel rechtsverbindlich geschützt und ökologisch entwickelt werden.“ Der NABU sieht hier den Senat in der Pflicht: „Er muss die entsprechenden Flächen für den Lebensraumkorridor zur Verfügung stellen!“
Diese Gräben wurden bereits verfüllt:
In den Listen sind die Gräben verzeichnet, die bereits verfüllt wurden (Stand 13. September 2013). Die Lage der einzelnen Gräben ist in den Karten anhand der Bezeichnungen nachzuvollziehen. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.