Protest gegen den Start der Elbvertiefung - Foto: NABU Hamburg
Aktuelles zur Elbvertiefung
Pressemitteilungen von BUND, NABU, WWF
Tideelbe: Zuständigkeit des Bundes ist richtig
Geplante Maßnahmen reichen aber nicht aus
08.06.2021 - Die im Bündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Umweltverbände BUND, NABU und WWF begrüßen die heute von Enak Ferlemann, Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, verkündeten Pläne zur Novellierung des Bundeswasserstraßengesetzes. Die ausgeweiteten Kompetenzen des Bundes für den Bereich der Tideelbe und deren Randbereiche seien richtig, so könnten gegenläufige, oft politisch motivierte föderale Interessen zu Lasten der Gewässer zentral vom Bund gesteuert werden.
Gleichzeitig kritisieren die Verbände, dass es weiterhin das Ziel sei, im Sinne wirtschaftlicher Interessen das aus dem Ruder gelaufene Sedimentmanagement neu zu organisieren. Der Zustand der Elbe habe sich seit den letzten Vertiefungen dramatisch verschlechtert, obwohl die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ein Verschlechterungsverbot für den Zustand des Gewässers vorsieht. Ehemals wertvolle Auwälder, Schilfbereiche, Salzwiesen und Süßwasser-Wattflächen seien durch Ufererosion oder Verschlickung verlorengegangen. Es scheine, als habe das sich selbst verstärkende System des Sedimenttransports bereits einen Kipppunkt überschritten. Die Folgen: Mehr Sedimente, mehr Baggerei, mehr Kosten und ein dauerhafter Eingriff in das Ökosystem.
Die Trübung des Gewässers habe bereits fatale Auswirkungen auf die Fischbestände.
Nach Auffassung des Aktionsbündnisses sind es gerade die zahlreichen Bundes- und Landesbehörden wie die Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes, das Bundesverkehrsministerium (BMVI), die Behörde für Wirtschaft und Innovation (BWI) oder dieser zugeordneten Einheiten wie die Hamburg Port Authority (HPA), die ursächlich für die Misere der Tideelbe verantwortlich sind. Sie haben nach Einschätzung von WWF, BUND und NABU mit ihren jahrelangen, rein wirtschaftlich orientierten Entscheidungen die nachhaltige ökologische Bedrohung bewusst ignoriert. Die Folgen der letzten beiden Elbvertiefungen von 1999 und 2020 seien von Politik und Verwaltung systematisch kleingeredet worden.
„Insgesamt geht es beim Behördendialog leider nicht um den Naturraum der Tideelbe, sondern ausschließlich darum, die Zugänglichkeit des Hamburger Hafens zu sichern und eine Lösung für den Schlick zu finden. Die geplante „zyklische Verjüngung“ nutzt nur den wirtschaftlichen Interessen, sie ist kein Gewinn für die Natur und die Planer wissen nicht, ob das von ihnen erdachte System tatsächlich funktioniert. Es haben wieder die Leute, die gleichzeitig für alle Probleme der Tideelbe verantwortlich sind, angeblich neue Lösungen entwickelt. Die Elbe ist am Ende, der Fluss mit Flora und Fauna größtenteils kaputt“, so das Aktionsbündnis.
Vor diesem Hintergrund fordert das Bündnis im Prozess der Befassung mit der Zukunft der Tideelbe eine verbindliche Mitsprache und eine ebenso verbindliche zeitnahe Umsetzung. Eine schlichte Neuauflage des Forums Tideelbe werde nicht unterstützt. Der im letzten Jahr abgeschlossene Prozess stecke fest, das Gremium sei bisher eher zahnlos gewesen.
Positiv bewerten WWF, BUND und NABU die Haltung des Bundes, dass das Hamburger Gebiet bei der Insel Scharhörn als Verbringstelle für Hafensedimente ausgeschlossen werden soll. Eine Verklappung der belasteten Sedimente in die „Ausschließliche Wirtschaftszone“ (AWZ) lehnen die Verbände wegen der ungeklärten negativen Wirkungen auf Natur und Umwelt jedoch ab.
Aus Sicht der Umweltverbände bleiben nach der heutigen Pressekonferenz noch viele Fragen offen. So sei unklar, auf welchen Flächen der gebaggerte Klei aus der Elbe an Land gelagert werden soll. Dies gelte auch für eine klare Aussage, in welchen Zeiträumen es eine erkennbare Verbesserung im Sedimentmanagment und für eine verbesserte Flussökologie geben soll. „Heute würde viel angekündigt, was zählt ist aber allein eine wirksame Verbesserung für den Fluss“, so die Verbände.
Mogelpackung Elbvertiefung: Großer Schaden für die Umwelt – wenig Nutzen für die Wirtschaft
Nur eingeschränkte Freigabe der Fahrrinne / endlose Unterhaltungsbaggerung droht
03.05.2021 - Die Umweltverbände BUND, NABU und WWF halten die heute erteilte Teil-Freigabe der Elbvertiefung für einen verkappten Verzweiflungsakt, der gesichtswahrend als Erfolg gefeiert wird. Es ist der Hamburg Port Authority (HPA) und der Bundeswasserstraßenverwaltung (GWDS) nicht gelungen, die komplette Fahrrinnentiefe herzustellen. Ursache dafür sind massive Schwierigkeiten insbesondere im Hamburger Hafen, mit dem hohen Sedimenteintrag fertig zu werden.
Verstärkt durch die abgeschlossene Elbvertiefung fällt deutlich mehr Sediment an als von den Planern vorhergesehen. Bereits im ersten Quartal 2021 wurde mehr als die übliche Jahresdurchschnittsmenge bei Neßsand verbracht. Nur der relativ hohe Oberwasserzufluss zwischen Januar und März 2021 hat dafür gesorgt, dass das Problem nicht noch größer geworden ist.
Weil der Ausbau des Flussbetts den Sedimenttransport nachhaltig negativ verändert hat, gehen die Umweltverbände BUND, NABU und WWF davon aus, dass es in Zukunft nicht möglich sein wird, die planfestgestellten Fahrwassertiefen im Hamburger Hafen dauerhaft aufrechtzuerhalten. Die Befürchtungen, dass durch die Vertiefung und den Ausbau der Unter- und Außenelbe sehr viel mehr Sediment die Elbe stromauf transportiert wird als in den Planunterlagen veranschlagt wurde, bestätigen sich jetzt. Dies wird zu einer deutlichen Zunahme der Unterhaltungsbaggerungen und damit zu einem stetig negativen ökologischen Eingriff in das sensible Tideelbe-System führen.
„Es ist skandalös, dass das Flussökosystem der Elbe massiv und dauerhaft geschädigt wird, und dies ohne absehbaren wirtschaftlichen Nutzen. Sicher ist, dass vielmehr die Unterhaltungskosten für die Freihaltung der Fahrrinne und des Hafens, die jetzt schon bei 150 Mio. Euro pro Jahr liegen, noch weiter zunehmen werden“, so die Prognose der Umweltverbände BUND, NABU und WWF. „Zweifelhafter Nutzen, dauerhafte Mehrkosten und der Verlust wertvoller Naturräume sind eine katastrophale Bilanz für das umstrittene Großprojekt. Die Elbvertiefung stellt sich mit Blick auf die absehbare Umschlagsentwicklung des Hamburger Hafens als unverantwortlich heraus.“
Von den zu Beginn der Elbvertiefungsplanung erwarteten 25 Mio. Standardcontainern pro Jahr ist nicht mehr viel übriggeblieben. In 2020 hat der Hamburger Hafen lediglich 8,5 Mio. Container umgeschlagen. Angesichts globaler Verlagerungen von Transportwegen gehen Experten für Hamburg nur noch von einer geringfügigen Steigerung aus. Als Folge der Ausbaumaßnahmen verliert die Elbe viele ökologisch wertvolle Flachwasserzonen durch Verlandung und veränderte Tidewasserstände. Außerdem verstärkt sich der Sauerstoffmangel im Fluss, die Brut vieler gefährdeter Vogelarten wird vernichtet und europaweit geschützte Lebensräume wie der Tideauwald an den Elbufern werden zerstört.
Ergebnisse des Forums Tideelbe vorgestellt
Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraums Tideelbe gefunden – Vertrauen in die Behörden ist gebrochen
30.9.2020 - Zur heutigen Veröffentlichung der Presseerklärung des Forums Tideelbe sehen die im Forum beteiligten Umweltverbände in mehreren Punkten Ergänzungsbedarf.
Insbesondere kritisieren die Verbände, dass die Hamburg Port Authority (HPA) zusammen mit Bürgermeister Peter Tschentscher an Plänen zur Verklappung großer Mengen schadstoffbelasteten Schlicks am Rande des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer gearbeitet hat, ohne das Forum darüber zu informieren. Nach Gutsherrenart sollte dieses Projekt auf Ebene der Ministerpräsidenten an den beteiligten Akteuren vorbei durchgesetzt werden.
„Damit haben die Hamburger Verantwortlichen für die Elbvertiefung und das Sedimentmanagement dem Forum Tideelbe schweren Schaden zugefügt. Das Forum ist mit dem ausdrücklichen Ziel angetreten, durch den Dialog „erworbenes Vertrauen nach Möglichkeit zu festigen und auszubauen“, so die Umweltverbände.
Aus ihrer Sicht müsse es vielmehr darum gehen, den Umfang der ökologisch schädlichen Baggerarbeiten grundsätzlich zu reduzieren. Dazu gehöre auch, auf die neunte Elbvertiefung zu verzichten. Ferner sollte der Fokus auf einer Zusammenarbeit und Aufgabenteilung zwischen den norddeutschen Häfen liegen, wie sie auch Wirtschaftssenator Michael Westhagemann vor kurzem vorgeschlagen hat, statt weiterhin eine ruinösen Hafenkonkurrenz zu betreiben. Auch der Umstand, dass Bürgermeister Tschentscher seine anfänglich zugesagte Präsenz bei der Übergabe des Ergebnisberichtes zurückgezogen hat, zeige, dass er wenig Interesse an einer Verbesserung des Zustands der Elbe hat.
Des Weiteren fordern die Umweltverbände, dass die ausstehenden weiteren Prüfungen nun verbindlich beauftragt werden. Die im Rahmen des Forums entstandenen Machbarkeitsstudien haben festgestellt, dass die untersuchten Maßnahmen an der Alten Süderelbe, der Dove Elbe und der Haseldorfer Marsch realisierbar sind, dämpfend auf den Tidenhub wirken und mit der Schaffung von tidebeeinflussten Lebensräumen zu
ökologischen Verbesserungen an der Tideelbe führen würden.
Allerdings gibt es aus Sicht der Umweltverbände Nachsteuerungsbedarf bezüglich der Auswahl und der Umsetzungsdetails der vorgeschlagenen Maßnahmen, um die vom Elbstrom abgetrennten Gewässer wieder an den Fluss anzuschließen. Im Rahmen einer weiteren Betrachtung müsse sichergestellt werden, dass über ein entsprechendes Design die Maßnahmen insgesamt vorteilhaft für die Natur sind. Die drei im Rahmen des Forums identifizierten Bereiche haben sich nach der Abdeichung von der Elbe zu wertvollen und zum Teil artenreichen Lebensräumen entwickelt. Daher müssten ökologische Verluste vor Ort möglichst vermieden werden, oder, sofern dies nicht möglich ist, durch wirksame Ausgleichsmaßnahmen vor Ort aufgefangen werden.
Für die Umweltverbände steht fest, dass der Elbe nur mit großflächigen Maßnahmen geholfen werden kann, wobei das dramatische Sterben der Stintpopulation nur ein Hinweis auf den desolaten Zustand des Flusses ist. Ihre Mitarbeit in weiteren Dialogprozessen knüpfen sie deshalb daran, dass sich die Bundesländer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zumindest auf einen „Letter of Intent“ verständigen, mit dem diese Notwendigkeit anerkannt wird und dass sie verbindlich erklären, dass sie die nötige Finanzierung für die Umsetzung sinnvoller Projekte bereitstellen.
An die Adresse der Hafenverwaltung appellieren die Umweltverbände, für die fatalen Eingriffe in das Ökosystem der Tideelbe endlich Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehöre auch, mit allen Beteiligten zu sprechen, bevor man komplexe Eingriffe wie etwa das Verklappen von belastetem Hafenschlick am Rande des Nationalparks Wattenmeer umsetzen will. „Bei solchem Verhalten muss sich die HPA nicht wundern, wenn sie wieder in langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen landet“, so die Verbände.
Bürgermeister Tschentscher will belasteten Hafenschlick am Rand des Nationalparks Wattenmeer ablagern
Die ZEIT enthüllt Geheimplan des Senats / Affront für das Forum Tideelbe der norddeutschen Bundesländer
23.9.2020 - Die heute bekannt gewordenen Pläne, eine Ablagerungsstätte für belasteten Hafenschlick bei Scharhörn am Rande des Nationalparks Wattenmeer zu schaffen, sind aus Sicht des Aktionsbündnisses Lebendige Tideelbe an politischer Impertinenz kaum zu überbieten.
Fest steht für die Umweltverbände der Zusammenhang mit der neuen Elbvertiefung. Die Auswirkungen der laufenden Elbvertiefung sind offenbar weitaus gravierender als in den Antragsunterlagen dargestellt. Die „Tidepumpe“, also das Einströmen von Sedimenten in die Elbe bei auflaufendem Wasser, wird immer stärker mit der Folge, dass die Umsetzung der Elbvertiefung und die laufenden Baggerarbeiten zum Freihalten der Fahrrinne deutlich aufwendiger und für das Ökosystem der Elbe belastender werden als geplant. Aus Sicht der Umweltverbände muss auch deshalb die Elbvertiefung sofort gestoppt werden.
Die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Umweltverbände BUND, NABU und WWF arbeiten seit rund vier Jahren im Forum Tideelbe mit, das sich ausdrücklich zum Ziel gesetzt hat, das Sedimentmanagement in der Tideelbe zu verbessern und die Zusammenarbeit der Bundesländer sowie der Bundesregierung an der Tideelbe zu institutionalisieren. Dabei sollte ausdrücklich „erworbenes Vertrauen nach Möglichkeit gefestigt und ausgebaut werden“.
Anstatt jedoch das jetzt öffentlich gewordene Vorhaben frühzeitig in das Forum Tideelbe einzubringen, haben Wirtschaftsbehörde und HPA hinter verschlossenen Türen an diesem Forum vorbeigeplant.
Aus Sicht der Umweltverbände ist dieser Vertrauensbruch nicht hinzunehmen: „Damit hat sich die Hafenverwaltung ein Eigentor geschossen. Wer ein derart komplexes Verfahren am Forum Tideelbe vorbei plant und durchsetzen will, verspielt mühsam aufgebautes Vertrauen und riskiert erneut langwierige gerichtliche Verfahren“, so die Vertreter*innen von BUND, NABU und WWF.
Die Umweltverbände fordern eine Erklärung des Bürgermeisters und der HPA, warum die neuen Pläne zur Schlickablagerung dem Forum Tideelbe vorenthalten wurden. Außerdem erwarten sie, dass die Planung sofort umfassend offengelegt wird.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Elbvertiefung: Schwerer Schlag für Elbe und Natur
Bündnis aus BUND, NABU und WWF zeigt sich enttäuscht // Urteil belegt den schlechten Rechtsschutz der Natur
04.06.2020 - „Dieses Urteil ist ein Meilenstein der Naturzerstörung an der Elbe. Nach 20 Jahren europäischer Verpflichtung zur Verbesserung der Gewässer geht es der Elbe schlechter als zuvor. Und heute ist die letzte juristische Hürde dafür gefallen, einen weiteren massiven Eingriff in den Fluss zu verwirklichen. Das enttäuscht uns sehr.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Planfeststellungen zur Elbvertiefung für rechtmäßig erklärt und den mit 40 Mio. Kubikmetern Baggermenge größten Eingriff in die Elbe als wasserrechtlich „nicht erheblich“ bewertet. „Das Urteil mag rechtmäßig sein, belegt aber den schlechten Rechtsschutz der Natur“. Deshalb werden die Umweltverbände ihr Engagement zum Schutz der Elbe künftig wieder mehr auf den politischen Raum konzentrieren.
Besonders unverständlich ist für die Umweltverbände, dass die gravierenden Fehlprognosen beim Container-Umschlag und der Bundesanstalt für Wasserbau auf das Tidegeschehen der Elbe keine rechtlichen Konsequenzen haben. Diese Situation ist eine Einladung für Gefälligkeitsgutachten und darf nicht so bleiben.
„Nach acht Jahren rechtlicher Auseinandersetzung haben wir die neunte Elbvertiefung nicht verhindern können. Trotzdem haben wir Wichtiges für Natur und Umwelt erreicht: Ufervorspülungen in Naturschutzgebieten wurden verhindert, der Schutz gefährdeter Fischarten wie der Finte verbessert und Pflichtaufgaben im Naturschutz dürfen nicht als Kompensation für Naturzerstörung angerechnet werden“, so die Verbände. Generell müssen die Planer lernen, dass die Nichtbeachtung von Natur- und Umweltvorschriften zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen kann.
Das Kompensationskonzept auf der Billwerder Insel überzeugt die Umweltverbände nach wie vor nicht. „Der weltweit nur in Hamburg an der Tideelbe vorkommende Schierlingswasserfenchel wird sich dort nicht lange halten können.“
Die Verschlechterung der Naturverhältnisse in der Elbe zeigt sich vor allem in der negativen Entwicklung der Stintbestände. „Die Elbvertiefung wird diesen Trend noch verstärken. Trotz allen Gegenwindes werden die Umweltverbände weiter für eine gesunde Tideelbe kämpfen.“
Neuer Gerichtstermin: Elbvertiefung muss gestoppt werden
Schädigung des Lebensraums Elbe ist unverhältnismäßig
26.5.2020 - Am 29. Mai 2020 wird die vom WWF unterstützte Klage der Umweltverbände BUND und NABU gegen die umstrittene Elbvertiefung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt. Das Aktionsbündnis „Lebendige Tideelbe“ hatte im September 2018 erneut gegen das Vorhaben geklagt. Nach seiner Auffassung verstoßen die Planung und Umsetzung auch nach mehrfachem Nachbessern gegen geltendes Recht und führen zu einer unverhältnismäßigen Schädigung der Elbe als Lebensraum vieler bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Unabhängig vom Gerichtsurteil sprechen auch ökonomische Faktoren dafür, den Ausbau der Elbe zu stoppen.
Unzureichende Ausgleichsmaßnahmen
Zentraler Punkt der Verhandlung ist der Schierlings-Wasserfenchel. Da der Lebensraum dieser weltweit nur noch an der Tideelbe vorkommenden, nach der Habitatrichtlinie streng geschützten Pflanze durch die Elbvertiefung verkleinert wird, versprach Hamburg der EU Ausgleichsmaßnahmen zu deren Erhalt. Diese sind entweder gescheitert, nicht verwirklicht oder nach dem Maßstab „Was geht schnell“ statt „Was funktioniert“ ausgesucht worden. Letzteres gilt insbesondere für die nachträglich ins Verfahren eingebrachte Maßnahme Billwerder Insel. NABU-Vorsitzender Alexander Porschke warnt: „Die Elbe ist jetzt schon in einem kritischen Zustand. Wenn jetzt noch eine derartige Großmaßnahme wie die neunte Elbvertiefung verwirklicht wird, dann muss sie bald wieder auf die Intensivstation.“
Elbe in schlechtem Zustand
Der Schierlings-Wasserfenchel steht stellvertretend für das gesamte Ökosystem Elbe. Deutschland ist verpflichtet, seine Gewässer in einen guten Zustand zu bringen. Der Elbe aber geht es schlecht, und das zeigt sich auch im drastischen Rückgang des Stints. Auslöser wie ein verstärkter Tidenhub und damit verbundene Verlandung von wertvollen Seitenbereichen der Elbe lassen sich noch auf die letzte Elbvertiefung zurückführen. Deren Auswirkungen sind sehr viel größer als ursprünglich prognostiziert. Vor allem verschlicken die Fahrrinne und der Hafen, was verstärkte Unterhaltsbaggerungen nötig macht, die wiederum das Gewässer trüben – eine der wesentlichen Ursachen für den Rückgang der Stinte. Es ist unstrittig, dass die aktuelle Elbvertiefung diesen negativen Trend nochmals verstärken wird.
Veraltete Prognose
Die Verbände befürchten, dass die Auswirkungen der aktuellen Elbvertiefung erneut falsch eingeschätzt werden und die negativen Entwicklungen deutlich größer wären als bisher angenommen. Besonders zu kritisieren ist, dass keine neue Auswirkungsprognose zur geplanten Elbvertiefung erstellt wurde. Der aktuelle Planergänzungsbeschluss aus 2018 bezieht sich auf Modellierungen auf Basis einer überwiegend acht Jahre alten, teilweise noch älteren Topografie des Flussgrundes. „Wir fordern die Stadt Hamburg und die Bundeswasserstraßenverwaltung auf, die Auswirkungen der Elbvertiefung erneut nach dem Stand der Technik berechnen zu lassen und die realistischen Schäden für die Natur jetzt zu erfassen. Es kann nicht rechtmäßig sein, dass Natur und Steuerzahler am Ende den Preis für die heute schon absehbaren Fehlprognosen zahlen müssen“, drängt Beatrice Claus, WWF-Referentin für Ästuare und Flusspolitik.
Weniger Wachstum
Aus Sicht der Umweltverbände ist die Elbvertiefung auch angesichts der begrenzten Wachstumserwartungen im Hafen verzichtbar. Zum Beginn der Planung für die Elbvertiefung ging man für das Jahr 2020 noch von einem Umschlag von 23 Mio. Containern pro Jahr aus. Seit 2010 bewegen sich die Umschlagsmengen zwischen acht und zehn Mio. TEU, eine Veränderung ist nicht in Sicht. Damit entfällt eine wesentliche Begründung für das Projekt. Gleichzeitig steigen die Infrastrukturkosten. Dies hat unlängst eine Studie des renommierten Hamburger Weltwirtschaftsinstitutes belegt (HWWI 2020, siehe weiter unten). „Die Elbvertiefung wurde von Anfang an mit utopischen Umschlagszahlen begründet. Heute wissen wir, dass der Containerboom ausbleibt, die Wertschöpfung mit den bunten Kisten sinkt und die Kosten zum Erhalt der notwendigen Hafeninfrastruktur steigen. Die 900 Mio. Euro teure Elbvertiefung macht selbst in der Wachstumslogik der Stadt ökonomisch keinen Sinn mehr. So wie heute keiner mehr in Kohlekraftwerke investiert, ist auch die Elbvertiefung eine strategische Fehlinvestition“, sagte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.
Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht
Die Umweltverbände hoffen erneut auf ein Urteil wie 2017. Das Bundesverwaltungsgericht hatte vor drei Jahren festgestellt, dass die die Planung rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, unter anderem, weil die erforderlichen und europarechtlich vorgeschriebenen Ausgleichmaßnahmen nicht ausreichend sind. Die rechtlichen und fachlichen Anforderungen an den Ausgleich sind seitdem nicht kleiner geworden. Dies wird auch dadurch deutlich, dass im aktuellen Bericht zur Lage der Natur 2020 des Bundesumweltministeriums der Status des Schierlings-Wasserfenchels als „schlecht“ eingestuft wird und Deutschland eine weltweite Verantwortung für diese Spezies trägt. Unabhängig von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit ist gerade Hamburg als eine der reichsten Regionen Europas in besonderer Pflicht, die drohenden Naturverluste zu verhindern. Wohlstand muss sich mit Naturerhalt vereinen lassen. Einen Stopp der ökologisch problematischen und ökonomisch nicht mehr zu rechtfertigenden Elbvertiefung sehen die Verbände daher als notwendig an.
WWF, NABU und BUND fordern Neuausrichtung des Hamburger Hafens
19.05.2020 - Nach Veröffentlichung des Hamburger Hafenentwicklungsplans (HEP) haben sich die Umweltverbände WWF, BUND und NABU im Zusammenhang mit der geplanten 9. Elbvertiefung immer wieder die Frage gestellt, wie Anspruch und Wirklichkeit in Bezug auf infrastrukturelle Anpassungen im Hamburger Hafen zusammengebracht werden können. Denn dass die prognostizierten 25 Millionen TEU Umschlag für das Jahr 2025 schnell Makulatur waren, wurde bereits binnen weniger Monate nach Veröffentlichung des HEP 2012 deutlich. Trotzdem wurde weder der Hafenentwicklungsplan aktualisiert noch der Bedarf für die Elbvertiefung in Frage gestellt. Während Politik und Hafenwirtschaft öffentlich wenig Anstalten machen, eine seriöse Bestandsaufnahme der aktuellen Situation zu veranlassen oder visionär in die Zukunft zu gucken, veränderten sich die globalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dramatisch.
Weil unter anderem das HWWI in unterschiedliche Zusammenhängen die globale, europäische oder nationale wirtschaftliche Entwicklung für Schifffahrt und Häfen analysiert, haben die Verbände WWF, BUND und NABU ein Kurzgutachten beauftragt. Aufgabe für die Wirtschaftsexperten des HWWI war, neben einer Bestandsaufnahme einen Blick in die Zukunft des Hamburger Hafens zu werfen . Zu den erheblichen negativen Einflüssen auf verschiedene Ökosysteme durch das Wirtschaften von Häfen und Schifffahrt kommen die absehbaren Herausforderungen für Küsten oder Hafenstädte durch den Klimawandel. Für die Umweltverbände war zu klären, ob neben ökologischen Notwendigkeiten auch ökonomische Gründe dafür sprechen, möglichst umgehend einen nachhaltigen und innovativen Hamburger Hafen zu entwickeln.
Aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen des HWWI leiten die Umweltverbände WWF, BUND und NABU für sich folgende zentrale Forderungen ab:
- Das HWWI sieht eine maximale Obergrenze für das Containerwachstum bei rund 11 Millionen TEU. Deswegen ist die 9. Elbvertiefung angesichts der begrenzten Wachstumserwartungen verzichtbar. Die infrastrukturellen Kosten, die sich aus der Lage Hamburgs als Nicht-Tiefwasserhafen ergeben, sind enorm und stehen nach Auffassung der Verbände weder aktuell noch zukünftig in einem Verhältnis zu den ökonomischen Benefits oder den ökologischen Schäden. Die sich in Umsetzung befindliche Elbvertiefung würde allein durch die erhöhten Unterhaltungskosten der Fahrrinne die Infrastrukturellen Kosten nochmals deutlich erhöhen.
- Der traditionell starke Einfluss der Hafenwirtschaft auf die Hamburger Politik hat vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten in Bezug auf eine optimierte Flächennutzung oder Kooperationen auch über den Hamburger Hafen hinaus über Dekaden deutliche Grenzen gesetzt. Durch den Verzicht auf die Verfolgung möglicher Alternativen wurden entgangene Nutzen (Opportunitätskosten) billigend in Kauf genommen. Um alle möglichen Entwicklungspotentiale für den Hamburger Hafen zukünftig auszuschöpfen, müssen für zukunftsweisende Entscheidungen mehr Interessengruppen einbezogen werden, deren Interessen betroffen sind.
- Angesichts der historischen Dimension der Veränderung benötigt der Hamburger Hafen eine umfassende ökologische, digitale und innovative Transformation. Neue Geschäftsmodelle mit neuen Formen der Produktivität und Beschäftigung müssen alternative Möglichkeiten der Wertschöpfung eröffnen. Bei der Bewertung von Projekten (z. B. Flächennutzung) müssen vor allem externe Kosten (Klimawandel, Luftqualität etc.) einbezogen werden. Diese Kosten müssen sich auch auf Ökosystemdienstleistungen von Lebensräumen und Arten beziehen. Als wichtigen ersten Schritt sehen die Verbände einen Stopp der ökologisch problematischen und ökonomisch nicht mehr zu rechtfertigenden Elbvertiefung als notwendig an.
Chronologie zur Elbvertiefung
Ein Blick zurück
23. Juli 2019 - Am heutigen Dienstag läuten Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann den Start der Arbeiten für die umstrittene Elbvertiefung ein. Damit beginnt die größte Flussvertiefung aller Zeiten an der Tideelbe. Die Umweltverbände BUND, NABU und WWF befürchten gravierende Verschlechterungen für die Flussökologie und halten das Projekt weiterhin für rechtswidrig.
"Trotz völlig veränderter Wirtschaftsbedingungen, einer sich aktuell verschlechternden Situation der Tideelbe und Alternativen wie einer Hafenkooperation halten Bundesverkehrsminister Scheuer und Wirtschaftssenator Westhagemann an der umstrittenen Vertiefung fest und haben offensichtlich nicht den Mut, das 900-Mio-Euro-Projekt zu stoppen", so die Umweltverbände.
Gründe für einen Stopp der Elbvertiefung gibt es neben den explodierenden Kosten reichlich:
- Die Planung für die Elbvertiefung wurde vor über 15 Jahren auf den Weg gebracht. Damals war man von 28 Mio. Containern pro Jahr bis 2025 ausgegangen. Seitdem haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend geändert. Unabhängig von der Elbvertiefung wird heute nur noch ein Umschlagsvolumen von 10 -12 Mio. Containern/a für realistisch gehalten.
- Gerade in den letzten vier Jahren haben sich der Tidenhub, die Trübung der Elbe und die Lebensbedingungen u.a. für die Fischfauna weiter verschlechtert. Dies wird insbesondere am jährlich wiederkehrenden Sauerstoffloch und dem stark einbrechenden Stintbestand deutlich. Dass außerdem deutlich mehr für die Fahrrinnenunterhaltung gebaggert werden muss, wirkt sich ebenfalls schädlich auf das Ökosystem aus und ist ein weiteres Indiz für negative Veränderungen im Fluss.
- Eine norddeutsche Hafenkooperation mit Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven würde die Elbvertiefung überflüssig machen und Deutschland könnte damit die Weltcontainerflotte gut bedienen. Der JadeWeserPort, der jeden Tiefgang im Containerverkehr bedienen kann, wurde erst vor drei Jahren eröffnet und kostete über 1,2 Mrd. Euro. Bei einer Arbeitsteilung würde Hamburg aufgrund seiner Standortvorteile weiterhin gut wirtschaften können.
Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF klagt weiter gegen die Elbvertiefung und rechnet mit einer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht Anfang 2020.
25. September 2018 - Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF wird am 27.09.2018 fristgerecht Klage gegen den aktuellen Planergänzungsbeschluss zur geplanten Elbvertiefung einreichen. Die Umweltverbände halten die Planung weiterhin für rechtswidrig und sehen insbesondere die naturschutzrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen nicht erfüllt. Ein Eilantrag auf Baustopp wird nicht gestellt, da diesem Verfahrenszweig wenig Aussicht auf Erfolg zugemessen wird.
Zusätzlich zur Klage werden die Umweltverbände auf Grundlage des Umweltschadensgesetzes bei den zuständigen Behörden in Kürze beantragen, durch Fehlprognosen bei der letzten Elbvertiefung verursachte Schäden zu beseitigen. Seit der letzten Vertiefung im Jahr 1999 ist es u. a. zu einem deutlich höheren Sedimenttransport gekommen, der die ökologische Wertigkeit verschiedener Schutzgebiete an der Tideelbe gefährdet und eine immer aufwändigere Unterhaltungsbaggerung erforderlich macht. Mit diesem Schritt machen die Umweltverbände deutlich, dass sie die ständige Unterschätzung der Auswirkungen von Eingriffen in Flüsse nicht länger hinnehmen werden. Der Antrag soll noch im Oktober 2018 auf den Weg gebracht werden.
Alexander Porschke (NABU Hamburg):
„Die Entscheidung, nicht im Eilverfahren zu klagen, ist uns schwergefallen, denn wir halten die geplante Elbvertiefung weiterhin für falsch. BUND, WWF und NABU bedauern die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts insofern, dass es unter anderem lediglich die Rechtmäßigkeit von Prognosen der Bundesanstalt für Wasserbau, BAW, festgestellt hat. Ob die Haltbarkeit einer zweiwöchigen Prognose zu der Entwicklung vom Verbau der Medemrinne aber richtig ist, bleibt nach unserer Auffassung weiterhin offen.“
Beatrice Claus (WWF Deutschland):
„Die Umweltverbände wollen jedoch nicht länger hinnehmen, dass die ökologischen Auswirkungen von Großvorhaben unterschätzt werden, ohne dass diese im Nachhinein Konsequenzen hat. Deshalb werden wir jetzt den Rechtsweg zur Beseitigung der inzwischen eingetretenen Schäden an der Tideelbe nach der letzten Elbvertiefung beschreiten.“
Manfred Braasch (BUND Hamburg):
„Die Elbvertiefung ist gerade aus heutiger Sicht weder ökologisch noch ökonomisch vertretbar. Die Tideelbe hat sich seit Beginn der Planungen vor 15 Jahren deutlich verändert. Wir gehen daher davon aus, dass die ökologischen Folgen der geplanten Vertiefung deutlich größer ausfallen. In Bezug auf die Kosten bewegen wir uns auf eine Milliarde Euro zu, obwohl die Alternativen in Form einer norddeutschen Hafenkooperation auf der Hand liegen.“
Die Klage gegen den Planergänzungsbeschluss vom 23. August 2018 werden die Umweltverbände am 27.09.2018 einreichen und fristgemäß innerhalb weiterer 10 Wochen begründen.
23. August 2018 - Die geplante Elbvertiefung lehnen die Umweltverbände weiterhin ab. Sie ist ökologisch hoch problematisch, die Entwicklung des Container-Verkehrs ist ganz anders verlaufen als vorher gesagt. Die Elbe leidet deutlich stärker unter den Auswirkungen der vergangenen Eingriffe als prognostiziert: Der Tidenhub ist seit Ende der Beweisaufnahme zur letzten Vertiefung um mehr als 20 cm angestiegen und gefährdet mittlerweile sogar die Speicherstadt. Die Verschlickung der wertvollen Elbe-Seitenräume und Häfen überfordert die Behörden schon jetzt.
„Eine Norddeutsche Hafenkooperation würde die geplanten und für den Steuerzahler teuren Flussvertiefungen an Elbe und Weser überflüssig machen und wäre nach wie vor der richtige Weg“, so die Verbände.
Wie weit die geplanten Maßnahmen juristisch verhindert werden können, bedarf einer intensiven Prüfung. Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF hält nach erster Sichtung des heute veröffentlichten Planergänzungsbeschlusses zur umstrittenen Elbvertiefung seine Kritik am Verfahren aufrecht. Dieser Beschluss legt noch weniger Ausgleichsflächen fest als bisher geplant. Die fachliche Eignung der neuen Flächen für den Schierlingswasserfenchel im Bereich der Billwerder Insel bleibt weiterhin zweifelhaft. Außerdem überzeugt die Begründung, warum trotz der Kritik der Umweltverbände auch in diesem neuen Verfahren veraltete Modellrechnungen zum Tragen kommen, nicht.
Die geplanten Ausgleichmaßnahmen in den niedersächsischen Naturschutzgebieten Allwördener Außendeich, Schwarztonnensand und Asseler Sand hatten die Umweltverbände ebenfalls kritisiert und eine klare Abgrenzung zu ohnehin erforderlichen Managementmaßnahmen gefordert. Der neue Beschluss setzt sich mit dieser Kritik nicht ausreichend auseinander.
„Wir werden den Planfeststellungsbeschluss jetzt fachlich und juristisch genau prüfen. Dafür haben wir nach Zustellung einen Monat Zeit und werden dann entscheiden, ob wir auch diesen Planergänzungsbeschluss anfechten“, so die Verbände BUND, NABU und WWF.
Gericht bremst Elbvertiefung aus
Umweltverbände fordern Kooperation der Seehäfen und bessere Flusspolitik
Leipzig, 9. Februar 2017 - Es gibt weiterhin kein grünes Licht für die geplante Elbvertiefung. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in Leipzig hat heute verkündet, dass der vorliegende Planfeststellungsbeschluss zur Elbvertiefung rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden kann. Das Gericht folgt damit überwiegend einer vom WWF unterstützen Klage der Umweltverbände BUND und NABU. „Den Behörden ist es erneut nicht gelungen, eine rechtskonforme Planung für die geplante Elbvertiefung vorzulegen – und dies nach zehn Jahren Verfahrensdauer. Die Planungsbehörden wären gut beraten, das Umweltrecht endlich ernst zu nehmen“, kommentieren die Verbände.
Die Richter kritisierten, dass die Auswirkungen auf die Natur unterschätzt wurden und die geplanten Reparaturmaßnahmen bei weitem nicht ausreichen. „Die Planungsbehörden wollten das Naturschutzpflichtprogramm als speziellen Ausgleich für den schweren Eingriff in die Elbe verkaufen. Dieser Etikettenschwindel ist aufgeflogen. Nun sind zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich, damit ein so schwerer Eingriff mit dem Recht vereinbar wäre“, sagen die Umweltverbände BUND, NABU und WWF.
Über den konkreten Fall hinaus, ist dieses Urteil bedeutsam für die notwendige Beachtung der deutschen und europäischen Naturschutzvorschriften auch bei großen Infrastrukturplanungen. Das frühere „Wegwägen“ von Naturschutzbelangen führt nach heutiger Rechtslage zum Scheitern von Planungen.
Die Umweltverbände favorisieren weiterhin eine Kooperation der drei norddeutschen Seehäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven als ökologisch und volkswirtschaftlich beste Lösung. Es sei unverantwortbar, die Elbe und deren einzigartige Natur für wenige Großcontainerschiffe weiter zu zerstören, während der für über eine Milliarde Euro gebaute Jade-Weser-Port keinerlei Tiefgangsbeschränkungen habe, aber nur zu rund 20 Prozent ausgelastet sei. „Für die ganz großen Schiffe gibt es eine Alternative, für die Natur nicht“, so die Umweltschützer von BUND, NABU und WWF.
Bei der geplanten Elbvertiefung handelt es sich um den historisch größten Eingriff in die Tideelbe zwischen Hamburg und der Nordsee. Mit rund 40 Mio. Kubikmetern soll drei Mal mehr Sediment aus dem Fluss gebaggert werden als bei der letzten Vertiefung im Jahr 1999. Es besteht das Risiko, dass das Ökosystem der Elbe dann durch veränderte Strömungsverhältnisse, erhöhten Schwebstofftransport und sinkenden Sauerstoffwerte stark geschädigt wird. Das Flussmündungsgebiet an der Ems ist bereits zum Sanierungsfall geworden.
Bundesverwaltungsgericht beendet Verhandlung zur Elbvertiefung
Urteil im Februar 2017 erwartet
21. Dezember 2016 - Nach drei Verhandlungstagen ging die öffentliche Verhandlung zur Elbvertiefung vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig zu Ende. Aufgrund der komplexen Materie haben die Richter kein Urteil gesprochen, sondern eine Urteilsverkündung für den 9. Februar 2017 in Aussicht gestellt.
Die im Bündnis „Lebendige Tideelbe“ zusammengeschlossenen Umweltverbände WWF, NABU und BUND konnten ihre Gründe gegen eine Genehmigung der Elbvertiefung noch einmal schlüssig vortragen. "Wir gehen nun davon aus, dass das Gericht die Argumente sorgfältig prüft. Insbesondere die Frage, wie zuverlässig die Modellrechnungen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) zum Strombaukonzept an der Medemrinne sind, wurde im Laufe des Verfahrens ausführlich behandelt. Wir halten diese Berechnungen nicht für tragfähig und gehen davon aus, dass die daraus abgeleiteten Umweltauswirkungen der Elbvertiefung drei Mal so hoch sind, wie von der Behörde angegeben“, so WWF, NABU und BUND.
Bundesverkehrswegeplan: Elbvertiefung kommt auf fast 800 Millionen Euro
Kosten für Elbvertiefung verdoppeln sich
17. März 2016 - Nach der aktuellen Veröffentlichung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) fordert das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF dringend eine Neubewertung der umstrittenen Elbvertiefung unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Das Projekt löst nach Berechnungen des Aktionsbündnisses Gesamtkosten in Höhe von fast 800 Millionen Euro aus. Davon würden auf den Bund über 460 Millionen Euro entfallen, den Rest der Kosten müsste Hamburg tragen.
Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF sieht sich damit einem wesentlichen Kritikpunkt bestätigt: Die Elbvertiefung sei nicht nur unter ökologischen Aspekten fehlerhaft geplant und würde den Zustand der Tideelbe weiter verschlechtern, sie sei auch von einer gewaltigen Kostenexplosion gekennzeichnet. Ursprünglich war das Projekt 2007 mit ca. 350 Millionen Euro veranschlagt worden. Nun haben sich die Kosten mehr als verdoppelt.
Für Manfred Braasch vom BUND sind die Zahlen erschreckend: „Das Bundesverkehrs-ministerium hat die Chancen für eine fundierte Neubewertung und die Auslotung von Einsparmöglichkeiten nicht genutzt. Statt ernsthaft eine Hafenkooperation an der deut-schen Nordseeküste im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans zu prüfen, werden weiterhin Steuermittel für die Elbvertiefung mit dem Füllhorn ausgeschüttet. Die Verschlechterung der Flussökologie werde dabei billigend in Kauf genommen.“
Die Neubewertung der Elbvertiefung im Rahmen des BVWP 2030 beinhaltet keine aktuelle Nutzen-Kosten-Untersuchung. Gegenwärtige Umschlagsprognosen für den Hamburger Hafen bleiben somit unberücksichtigt. Zu Beginn der Planung war man für das Jahr 2025 noch von ca. 28 Millionen Containern Jahresumschlag im Hamburger Hafen ausgegangen. Jetzt basieren die aktuellen Prognosen für 2025 nur noch auf ca. 13,4 Millionen Containern pro Jahr und haben sich damit mehr als halbiert.
Dazu Beatrice Claus vom WWF: „Wir gehen davon aus, dass sich die Nutzen-Kosten-Relation der Elbvertiefung jetzt endgültig ins Negative dreht. Verdoppelte Kosten für nur noch halb so viel Containerumschlag – das kann sich für die öffentliche Hand nicht mehr rechnen. Von einem weiteren Ausbau der Elbe würden nur die privaten Reedereien profitieren, während die Kosten vom Steuerzahler getragen werden.“
Weiterhin völlig unzureichend beleuchtet sind nach Ansicht des Bündnisses die Folgekosten des Einsatzes immer größerer Schiffe. Diese erforderten einen gewaltigen Ausbau der Hamburger Infrastruktur wie etwa der Köhlbrandbrücke, deren Kosten auf ca. eine Milliarde Euro veranschlagt werden. Dazu kämen Kaianlagen und Hinterlandanbindungen, die massiv von der öffentlichen Hand oder der stadteigenen Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) finanziert werden müssten.
Dazu Alexander Porschke vom NABU: „Zu große Schiffe gefährden nicht nur unsere Flüsse, sie tragen auch ökonomische Risiken in sich. Dazu gehören: vertiefte Flüsse, zusätzlicher Baggerbedarf, erhöhtes Tidal pumping, größere Abfertigungsbereiche, höhere Spitzenbelastungen, neue Container- und neue Straßenbrücken und last, but not least deutlich schwierigere Bergungen bei Havarien. Kosten, die die Allgemeinheit tragen muss. Es wird höchste Zeit, dass dieser Wahnsinnstrend umgedreht wird. Die Schiffe müssen an die Flüsse angepasst werden, nicht der Fluss an die Schiffe.“
Mittlerweile liegt die zehnte Änderung im Planverfahren der Elbvertiefung vor. Bis Ende März 2016 soll es einen neuen Planergänzungsbeschluss geben. Dazu werden die Umweltverbände erneut Stellung nehmen und gegebenenfalls ihre Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht nochmals ergänzen.
Neuer Anlauf zur Elbvertiefung überzeugt Umweltverbände nicht
Planungsbehörden bestreiten Zustandsverschlechterung der Elbe durch geplante Vertiefung / Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nur unvollständig abgearbeitet
Hamburg, 21.12.2015 - Die Planergänzungsunterlagen zur Elbvertiefung, die den Naturschutzverbänden zur Stellungnahme vorgelegt wurden, sind aus Sicht der Verbände weder fachlich noch formal geeignet, wesentliche Kritikpunkte des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) aus dem Weg zu räumen. In seinem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (BVerwG 7 A 14.12) hatte das Gericht das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Weservertiefung ausgesetzt und wesentliche Nachbesserungen der Planunterlagen für die Elbvertiefung gefordert.
Auch aus dem EuGH-Urteil vom 1. Juli 2015 zur Auslegung des europäischen Wasserrechts hatten sich neue Vorgaben für die planenden Behörden ergeben, die nur unzureichend abgearbeitet wurden. „Auf 1.000 Seiten Planergänzung finden sich wenig neue Antworten auf die vom Gericht aufgetragenen Hausaufgaben,“ so die Einschätzung der Umweltverbände. Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF hatte in den letzten Wochen die umfangreichen Unterlagen ausgewertet, die den Verbänden bis zum 23.12.2015 zur Stellungnahme vorgelegt wurden.
Verstöße gegen europäischen Gewässerschutz werden in Kauf genommen
„Erneut behaupten die Planungsbehörden, das Baggern von knapp 40 Millionen Kubikmetern Sediment stelle keine Verschlechterung im Sinne des Wasserrechts dar. Diese Bagatellisierung ist nicht nachvollziehbar. Nach wie vor vertreten die Gutachter stoisch die These, dass die hoffnungslos veralteten Modellrechnungen der Bundesanstalt für Wasserbau belegten, es gäbe keine gravierenden Veränderungen bei Wasserständen, Sedimentation und Strömungsgeschwindigkeiten. Damit geht der Träger des Vorhabens erneut das Risiko ein, gegen nationale und europäische Vorgaben im Gewässerschutz zu verstoßen“, so das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe.
Die aktualisierten Untersuchungen zu Brutvögeln sowie den bedrohten Pflanzenarten und Elbfischen können nach Ansicht der Umweltverbände nicht überzeugen. So würden die Planer weiterhin verkennen, dass durch die Elbvertiefung die Lebensbedingungen für besonders geschützte Fischarten wie die Finte beeinträchtigt werden. Auch zu den Ausgleichsmaßnahmen für den weltweit nur noch an der Tideelbe vorkommenden Schierlingswasser-Fenchel gebe es widersprüchliche Aussagen in den Planunterlagen. Noch 2014 ging Hamburg gegenüber der EU-Kommission davon aus, dass neuer Lebensraum für mehr als 2.300 Exemplare der vom Aus-sterben bedrohten Pflanze geschaffen wird. Nach den neuen Planunterlagen sind es jetzt nur noch 200.
Planungsbehörden sehen sich nicht in der Pflicht, Zustand der Elbe zu verbessern
Das Bundesverwaltungsgericht hatte in seinem Beschluss gefordert, Pflichtaufgaben zur Verbes-serung des ökologisch schlechten Gewässerzustands von Ausgleichsmaßnahmen in EU-Schutzgebieten (Kohärenzsicherungsmaßnahmen) für die Umweltschäden durch die geplante Elbevertiefung abzugrenzen. Die Planungsbehörden vertreten dazu die Auffassung, dass alle vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen über die Pflichtaufgaben hinausgehen und deshalb im Rahmen der geplanten Elbvertiefung als Kohärenzsicherungsmaßnahme angerechnet werden können. Die Umweltverbände kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass die meisten der geplanten Maßnahmen unabhängig vom Verfahren zur Elbvertiefung umgesetzt werden müssen, um den bereits heute schlechten Zustand des Flusses zu verbessern.
Im nächsten Verfahrensschritt müssen die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel und die Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation als zuständige Planfeststellungsbe-hörden die eingegangenen Stellungnahmen auswerten und einen weiteren Planergänzungsbe-schluss erlassen. Dieser wird dann wiederum den Umweltverbänden zur Auswertung vorgelegt, die ihre Klage gegen die Elbvertiefung entsprechend anpassen können. Mit einer abschließen-den Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wird nicht vor Mitte 2016 gerechnet.
Lachseeschwalbe durch Elbvertiefung vom Aussterben bedroht
Aktionsbündnis Tideelbe will neue wissenschaftliche Erkenntnisse ins laufende Verfahren einbringen
Hamburg, 24.11.2015 - Recherchen für die NDR-Sendung 45 Min (Thema: Elbvertiefung: Was wir riskieren?) haben ergeben, dass die neunte Elbvertiefung eine Bedrohung für die Fluss- und Lachseeschwalben darstellt.
Die Vorhabenträger Hamburg Port Authority (HPA) sowie die Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes wurden vom Bundesverwaltungsgericht im vergangenen Jahr zu umfangreichen Ergänzungen in Bezug auf mögliche Auswirkungen auf Habitate und Pflanzen- und Tierarten aufgefordert. Weder in früheren Gutachten noch in den jetzt aktuell den Verbänden zur Stellungnahme vorgelegten Planergänzungsunterlagen taucht dieser naturschutzfachlich wesentliche Aspekt auf.
Hierzu erklärt das Aktionsbündnis „Lebendige Tideelbe“: „Das Risiko, dass der Bestand einer hoch bedrohten Vogelart in Europa erlischt, wenn für die Elbvertiefung die Medemrinne zugeschüttet wird, ist ein weiteres Argument gegen die Elbvertiefung. Die dargestellte Wirkungskette macht außerdem deutlich, wie vielfältig und komplex die Auswirkungen sein können. Weitere unerkannte Risiken sind anzunehmen.“
Die geplante Verfüllung der „Medemrinne“ mit Baggergut könnte den Totalverlust der in Deutschland fast ausgestorbenen Lachseeschwalbe zur Folge haben. Die Lachseeschwalbe steht auf der Roten Liste in Deutschlands und ist nach der EU-Vogelschutzrichtlinie besonders geschützt. Mit 36 Brutpaaren auf dem Neufelderkoog sind sie die fast letzten ihrer Art. Gleichzeitig lebt im Gebiet der östlichen Medemrinne die bedeutendste und größte Flussseeschwalbenkolonie an der Elbe. Würde nun die Rinne in diesem Bereich zugeschüttet, gehen Wissenschaftler davon aus, dass die Priele dadurch versanden. Die Lebensgrundlage für die Flussseeschwalbe wäre damit weg, da die Seeschwalbe sich von den in den Prielen lebenden Stinten ernährt. Da Lach- und Flussseeschwalbe in Koexistenz leben, ist davon auszugehen, dass durch die geplanten Maßnahmen zwei nennenswerte Seeschwalbenkolonien verloren gingen.
Nach dem EuGH-Urteil: Elbvertiefung ohne weitere Verbesserungsmaßnahmen nicht genehmigungsfähig
Hamburg, 2.7.2015 - Das gestrige Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Rechtssache C-461/13)) stellt einen Meilenstein für den Gewässerschutz in ganz Europa dar und hat direkte Auswirkungen auf das Verfahren an der Tideelbe.
Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF, das gegen die Elbvertiefung klagt, sieht insbesondere die Anforderungen an eine Ausnahmeerteilung verschärft. Eine solche Ausnahme wird immer dann notwendig, wenn sich der Zustand eines Gewässers durch einen geplanten Eingriff verschlechtert, dieser aber aufgrund übergeordneten öffentlichen Interesses dennoch erfolgen soll.
Die Verbände weisen darauf hin, dass sich die Tidelbe nur einem mäßigen Zustand befindet und einzelne Qualitätskomponenten sogar als „schlecht“ eingestuft worden sind. Für eine solche Konstellation ist nach Auffassung der Verbände ein besonders strenger Prüfmaßstab für eine Ausnahmeerteilung anzulegen.
Vor diesem Hintergrund müssen aus Sicht der Verbände die Planungsbehörden nun belegen, wie trotz Elbvertiefung und der damit einhergehenden weiteren Verschlechterung der Gewässersituation auf absehbare Zeit einer guter Gewässerzustand in der Tideelbe erreicht werden kann. Ein solcher Nachweis kann nur durch zusätzliche und klar definierte Maßnahmen erfolgen, die in einem ergänzten Planfeststellungsbeschluss festgeschrieben werden müssen. Die Elbvertiefung und die Maßnahmen zur Kompensation müssten zudem noch in den aktuellen Bewirtschaftungsplan aufgenommen werden.
Unabhängig von den neuen Anforderungen, die sich aus dem aktuellen EUGH-Urteil ergeben, hatte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 02. Oktober 2015 weitere Kritikpunkte genannt. Das Gericht in Leipzig hatte unter anderem kritisiert, dass die Untersuchungen für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten nicht ausreichten und eine Abgrenzung von ohnehin erforderlichen Entwicklungsmaßnahmen zu Ausgleichsmaßnahmen entlang der gesamten Tideelbe erforderlich ist.
„Die Hürden für die Elbvertiefung sind deutlich gestiegen. Und es rächt sich, dass Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen die Verbesserungspflicht, die sich aus der Wasserrahmenrichtlinie ergibt, bislang sträflich vernachlässig hat. Hamburg muss jetzt glaubhaft darlegen, wie trotz Vertiefung ein guter Zustand der Tideelbe konkret erreicht werden soll. Wenn dies nicht gelingt, wird es keine Elbvertiefung geben“, so das Aktionsbündnis aus BUND, NABU und WWF.
Warten auf Entscheidung des Europäischen Gerichtshof
Zwischenerfolg für die Elbe: Bundesverwaltungsgericht moniert Fehler der Planung und wartet Entscheidung des EuGH zur Weservertiefung
5. November 2014 - Im Juli fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Verhandlung zur Elbvertiefung statt. Die vom Gericht angesetzten fünf Verhandlungstage machen deutlich, wie komplex das Thema und wie stark europäische Gesetzgebung betroffen ist. Beim Verfahren zur Vertiefung der Weser liegen die Fragen zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), welche die Güte europäischer Gewässer regelt, auf dem Tisch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Nun wollten die Leipziger Richter im Elbe-Verfahren die Auslegung der WRRL zur Weser durch den EuGH abwarten, bevor sie eine endgültige Entscheidung treffen werden.
Der Generalanwalt des EuGH, Niljo Jääskinen, hatte am 23. Oktober 2014 seinen Schlussantrag zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie vorgelegt. Der Generalanwalt legt in seiner Stellungnahme dar, dass es Ziel der EU-Mitgliedstaaten war, mit der im Jahr 2000 beschlossenen Wasserrahmenrichtlinie die europäischen Gewässer bis spätestens 2015 in einen „guten Zustand“ zu bringen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden Verschlechterungen der Gewässerqualität verboten. Gleichzeitig wurde vereinbart, Pläne zur Verbesserung der Gewässerqualität aufzustellen und umzusetzen. Nach Auffassung des Generalanwalts tun zuständige Verwaltungen zu wenig, um dieser Vereinbarung gerecht zu werden.
Aus Sicht des NABU lässt die Stellungnahme des Generalanwalts darauf hoffen, dass die Mitgliedstaaten der EU nunmehr tatsächliche Anstrengungen unternehmen müssen, um den Zustand ihrer Gewässer wirklich zu verbessern. Die Folge wären sanierte statt zerstörte Gewässer, die den kommenden Generationen hinterlassen werden würden
Tideelbe geht die Luft aus
NABU wirft Senat Untätigkeit bei der ökologischen Sanierung der Tideelbe vor: Versprechen zum Schutz der Tideelbe gebrochen!
20.3.2014 - Der NABU Hamburg erhebt jetzt schwere Vorwürfe gegen den Senat: Die Stadt Hamburg ignoriert nach Ansicht des NABU schon seit Jahren die gesetzliche Verpflichtung, die Tideelbe in einen guten ökologischen Zustand zu bringen.
2000 verabschiedete die Europäische Union (EU) unter Zustimmung des Europäischen Parlaments und unter Einbeziehung zweier Bundesministerien, des Bundestags und des Bundesrats sowie aller Parteien die Wasserrahmenrichtlinie. Damit hatten die Mitgliedsstaaten Europas Bürgern das Versprechen gegeben, alle Gewässer bis Ende 2015 in einen guten ökologischen Zustand zu bringen. In Bezug auf die Tideelbe komme Hamburg aber dieser Sanierungsverpflichtung nicht nach, so der NABU. Er fordert den Senat auf, endlich ernsthaft die ökologische Verbesserung des Flusses zu beginnen.
„Trotz langer Vorlaufzeit hat Hamburgs Senat das im Jahr 2000 gegebene Versprechen zur Verbesserung des Zustands der Tideelbe gebrochen“, kritisiert Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg. „Bis heute hat der Senat von Olaf Scholz für diese Aufgabe keine finanziellen und personellen Ressourcen bereitgestellt geschweige denn ausreichend wirksame Maßnahmen durchgeführt oder im neu vorgelegten Bewirtschaftungsplan zumindest benannt.“
Gemäß der Wasserrahmenrichtlinie muss für alle Gewässer bis 2015 der gute ökologische Zustand erreicht werden (Verbesserungsgebot). „Doch ist schon jetzt klar, dass der Senat dieses Ziel verfehlen wird“, weiß der NABU-Chef. Die Maßnahmen, die bisher an der Tideelbe umgesetzt wurden, dienten in erster Linie dem Ausgleich für Eingriffe an anderer Stelle. Dadurch wird der Zustand der Tideelbe aber nicht verbessert.
„Statt endlich seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Gewässerverbesserung nachzukommen, fantasiert Olaf Scholz, schon der Gewässerschutz sei ein Angriff auf Wohlstand und Wirtschaft“, bemängelt Porschke. In seiner Regierungserklärung vom 8.10.2014 erklärte Scholz, dass „mit der Entscheidung des EuGH zur Auslegung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie über viele entschieden wird, weit über Hamburg hinaus. Über die wirtschaftliche Stärke Hamburgs und die anderer Wirtschaftszentren in Deutschland und Europa, die am Wasser liegen. Die Weser wird insofern ein Präzedenzfall für die ganze EU.“ Und weiter: „Wir müssen die Angelegenheit also richtig einordnen: Es geht um eine schicksalhafte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für ganz Europa.“ Porschke: „Unser Bürgermeister baut hier ein völlig übertriebenes Schreckgespenst auf, als würde Gewässerschutz die wirtschaftliche Entwicklung lahm legen. Wären Herr Scholz und andere politische Entscheider aber ihren Pflichten nachgekommen, ließen sich gesunde Wirtschaftsentwicklung und lebendige Tideelbe durchaus miteinander verbinden.“
Der NABU Hamburg fordert daher den Hamburger Senat auf,
- endlich wirksame Maßnahmen festzulegen und umzusetzen, mit denen die Elbe in einen guten Zustand, bzw. in ein gutes Potential gebracht werden kann,
- das Verschlechterungsverbot umfassend zu berücksichtigen, um weitere negative Auswirkungen auf die Tideelbe zu verhindern und
- die personellen und finanziellen Ressourcen dafür bereitzustellen.
Derzeit wird der Zustand der Tideelbe (in einer Skala von sehr gut über gut, mäßig, unbefriedigend bis schlecht) als „mäßig“ eingestuft. Vor allem infolge der Eindeichungen und des Ausbaus der Tideelbe als Wasserstraße im letzten Jahrhundert wurde stark in das ökologische System eingegriffen. Eines der dramatischsten Beispiele für die heutige defizitäre Situation ist das jährlich wiederkehrende sommerliche „Sauerstoffloch“, das auch 2014 wieder zu einem großen Fischsterben führte.
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Gericht beanstandet Elbvertiefung
Zwischenerfolg für die Elbe: Bundesverwaltungsgericht moniert Fehler der Planung und wartet Entscheidung des EuGH zur Weservertiefung ab
2. Oktober 2014 - Die endgültige gerichtliche Entscheidung über die geplante Elbvertiefung verzögert sich. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig verkündete heute, dass der Planfeststellungsbeschluss an mehreren Fehlern leidet, die einzeln und in ihrer Gesamtschau zum Erfolg der Klage führen würden. Das Gericht könne jedoch heute nicht endgültig entscheiden, sondern müsse auf eine im Frühjahr 2015 erwartete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum EU-Wasserrecht warten.
Die Umweltverbände BUND, NABU und WWF sehen sich durch die heutige Entscheidung in ihrer Auffassung weitgehend gestärkt: „Wir begrüßen natürlich, dass das höchste deutsche Gericht viele unserer Kritikpunkte an der Planung bestätigt hat. Auch können wir nachvollziehen, dass die EU-Vorschriften sorgfältig geprüft und vom Europäischen Gerichtshof ausgelegt werden sollen, weil die Entscheidung eine Signalwirkung für viele Flüsse hat“, so die Umweltschützer. Die im „Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe“ zusammengeschlossenen Verbände vertreten die Ansicht, dass die Hamburger Wirtschaftsbehörde und die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt Nord in ihren Planungen wichtige Vorgaben des europäischen Umweltrechts gravierend missachtet haben. „Unser Anspruch ist es, die Elbe in einen guten Zustand zu bringen, wie es das europäische Wasserrecht vorsieht. Gesprächen haben wir uns in der Vergangenheit nicht verweigert und das gilt auch für die Zukunft.“
Der Verlauf des gesamten Planungserfahrens seit 2007 zeige, wie nötig es sei, die deutsche Flusspolitik neu auszurichten. Alle als Bundeswasserstraße genutzten Flüsse in Deutschland sind in einem schlechten oder mäßigen ökologischen Zustand, die Elbe ist hier keine Ausnahme. Weitere Strombaumaßnahmen und Vertiefungen würden dem gesetzlichen Verbesserungsgebot entgegenstehen, denn die Mitgliedsstaaten der EU sind durch die europäische Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet, bis zum Jahr 2015 einen „guten ökologischen Zustand“ der Gewässer wiederherzustellen.
Mit rund 40 Mio. Kubikmetern will die Hafenwirtschaft drei Mal mehr Sediment aus dem Fluss baggern als bei der letzten Vertiefung im Jahr 1999. Es besteht das Risiko, dass das Ökosystem der Elbe dann durch veränderte Strömungsverhältnisse, erhöhten Schwebstofftransport und sinkenden Sauerstoffanteil so stark geschädigt wird wie die Ems, die bereits zum Sanierungsfall geworden ist.
Aus Sicht der Umweltschützer ist weiterhin eine Kooperation der drei norddeutschen Häfen die ökologisch und volkswirtschaftlich beste Lösung. „Eine Zusammenarbeit der drei Hafenstandorte ist ein Beitrag um den Anforderungen an die Umwelt und die Schifffahrt gleichermaßen gerecht zu werden“, so die Verbände. Es sei unverantwortbar, die Elbe und deren einzigartige Natur für wenige Großcontainerschiffe weiter zu zerstören, während im seeschifftiefen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven Kurzarbeit herrsche.